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Über die Charis

06.06.2014

Die Charis eignet der Jugend sich zu: ihrem beschwingten Gang, den verwehten Blättern ihrer Küsse, ihrem Zwitscher-Geplauder und ihrer Hingabe – Hingabe, die einzig Wunder, Kulte, hohe Werke stiftet, frohen Gedenkens wert.

Im Alter findest du ihre Gunst, wenn das trübe Auge, ein von Algen verdunkelter Teich, aufleuchtet im jungen Mond, Blumen-Lippen eines Kusses an lang dahingewelktes Erinnern.

Die Feinde der Charis gehen nach Beute und Geld – greifen sie ab wie das Wappen auf der Münze, verblasst von Verbrauch. Verlegen, beschämt vor der Macht dieses sanften Feuers, das die Seele mit rätselhaftem Flackern und Flüstern wärmt, ärgern sie sich und nehmen Anstoß – und ihr Trachten geht auf Vernichtung des Schönen, auf Rache wider das Unrecht, das Unheil: hässlich zu sein von inwärts, mit dem Gott die große Weltenwaage ins Gleichgewicht setzt.

Feindschaft: der böse Wille, den Dank zu verwerfen, dankbar nicht sein zu können für etwas, das sie mit eigenem Schweiße, eigenem Speichel  nicht beträufelt, verätzt nicht haben. Dank gilt ihnen als Schwäche und demütigt sie wie Kinder, die trotz Schummelns mit Murmeln, mit Zahlen das Spiel verloren haben.

Die Charis aber ist freundlich den Freunden, milde den Mildtätigen und erheitert, wenn eines trauert aus Liebe. Darum spendet die Rose ihren Duft, deshalb lächelt das Sein eines Kinds, das nach nichtigen, flüchtigen Lichtkügelchen hascht.

Die Charis kündet das Wahre stumm: eine Hand, die wie vom Winde geschüttelt noch lange winkt, wenn das Antlitz der Liebe schon tief im grauen Gewoge des Schicksals versank.

Gedenke des Glücks, ein schmaler Pfad warʼs zwischen raschelnden Halmen und den wirrenden Geistern des Walds, da wir Hand in Hand nirgendhin stapften und du sagtest: „Der Mond!“ oder: „Die Flocken, als würde es atmen!“

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