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Jan Vermeer, Schlafendes Mädchen

29.06.2022

Überm Tisch ein Läufer, buntgewirkt
und laß gebauscht, daß sich die Muster wirren,
auf flaumigem Vlies, ringsum verfitzte Fäden.
Weinkaraffe, schlicht aus mattem Ton,
und wie ein Helm darauf gepfropft metallisch
glänzend der Verschluß. Schaum einer Schale
aus Delfter Porzellan scheint seine Lust,
mondhelle Äpfel, purpurdunkle Pflaumen,
in einer trunknen Neigung auszuschütten.
Gespreiz der Hand, insektenstarr entrückt
in eines Perserteppichs Labyrinth,
als wär sie vor dem Mädchen eingeschlafen,
sacht tastend durchs Gerank des Orients,
wo sie die Frucht gesucht, die Frucht nicht fand.
Doch ihre Schwester fühlt das Pochen fern
der Schläfe noch und stützt, die halb sich schloß,
des Hauptes bang erblühte Rosenknospe,
vom Abschiedskuß der Sonne überhaucht.
Beträufelt wie vom Nektar schwarzen Mohns
die schwere Dämmerung der Augenlider,
als sagten Wimpern sanft: o Falter fallt.
Kalt ist der Schnee des Seidentuchs, das lose
ihr auf die Schultern sank, Schnee weht die hohe
Dünung der Brust, die etwas Heißes birgt,
das fast zum Muschelfleisch der Lippen dringt,
als weckte sie der Name schon des Argen,
im dunklen Bild im Bild die Maske blaß.
Halboffen blickt die Tür auf schattenlose
Fliesen, wo alles still, als wär verhallt
der Schritt von dem, der ging und kehrt nicht wieder.
Ward auch der Schönen Kummer Schmelz im Schlaf,
der Ohrgehänge Silberfunken wachen.

 

Siehe:
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/2f/Vermeer_young_women_sleeping.jpg

 

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