Der Dichter bei den Hesperiden
Wart ihr des Atlas holde Töchter,
Kinder goldenen Dämmerlichts,
war eure Mutter die sternbesäte Nacht,
ihr mondbeschienener Teil gar,
Aphrodite,
graziöse Zweige seid
am erhabensten Stamme ihr
des Abendlands.
Wie hast du, Dichter, ihn gefunden,
jenseits der Säulen,
die jählings ragen
aus dem Schaum des Ozeans,
auf der Hyperboreer
schwankem Eiland,
den Wundergarten,
und streiftest deine Finger
sinnend über Gräser hin,
furchtlos wie Herakles,
dem Drachen zu begegnen,
dem schnaubenden Schrecken
aus der Erde neidischem Grund.
Der Hüterinnen lieblichste,
die des himmlischen Feuers
in süßen Dämmers Wipfeln
pflogen,
die Nymphe reichte selber dir,
von sehender Hand gepflückt,
der Pomeranzen manche,
weil sie der feuchte Glanz gespiegelt
deines Sehnsuchtsblicks.
Und eines Delphins wogender Rücken
trug heim dich an die Küste,
die wir noch Heimat nennen,
wenn Schilfe rauschen träumerisch.
Du bargst das goldene Schimmern
aus göttlich-hoher Nacht,
Stilleben alter Meister gleich,
in einer silbernen Schale,
geprägt mit wehenden Ranken
um Chiffren einer Rätselschrift,
zart bestreut mit blauen Blüten
heimatlicher Veilchen
und der keuschen Lilie
matterem Hauch,
und hast auf stille Moose sie gestellt,
betaut von Eros
somnambulen Seufzern,
nicht weit vom übergrünten Mal
mit halb schon abgebröckelten Namen
der Gefallenen.
Wir wissen wohl,
sie faulten nicht,
der Hesperiden reine Früchte,
auch wenn die Schale überwuchert ward
vom Wildgestrüpp
herbeigewehter Unkrautsamen,
und dem herabgestürzten Neste gleich
in den Brodem wilder Schwermut
tief und tiefer sank.
Von Schatten unversehrt
leuchten uns zu Häupten sie
im Sternbild Großer Wagen,
wie einst es Hellas’ Dichtergeist,
uns zum Angedenken,
huldvoll hat erschaut.
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