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Allegorisch

11.02.2022

Gewiß, mit Worten malen
ist wie mit Farben sprechen.
Doch können Wort-Vignetten
gemalte unterbrechen.

*

Das Leben ist das Leben,
kann nicht begriffen werden.
Du fühlst es manchmal schweben,
oft kriechen dumpf auf Erden.

*

Das Wort kann ja nicht glühen,
auch wenn es „Purpur“ heißt.
Kein Hauch bringt es zum Blühen,
selbst wenn du „Frühling“ schreist.
Milch von fiktiven Kühen
nährt nur des Lesers Geist.
Doch magst dem Vers du trauen,
siehst du den Himmel blauen.

*

Das Wort hebt an zu schimmern,
schwebt um sein Nachtgespenstern
ein Licht aus frohen Zimmern,
Gesang aus offnen Fenstern.

*

Das Dichterwort ist wie ein Ei,
buntsprenkelig und warm,
dem rauhen Zugriff bricht entzwei
sein geisterfüllter Charme.
Geduldig muß er es bebrüten,
der Liebe weicher Flaum,
bis endlich fiepen zarte Küken,
sehr leise, wie im Traum.

*

Sie hat den Duft nicht, nicht das Prangen
der Schwester, stolz im Gartenreich,
doch hat die wilde Rose schöne Wangen,
auch sie betaut der Sommerabend weich.
Ihr gleicht des Volkes träumerisches Singen,
das wild am Dämmersaum des Waldes quillt
und leicht in weißer Schäume Blütenringen
auf dunklen Wassern Liebeswehmut stillt.
Erhaben, daß die wilden Blüten staunen,
thront sie, die Purpurrose, wie der Gral
der hohen Ode über Grases Raunen,
aus grünem Dämmer leuchtet auf ihr Strahl.

*

Die Rebe des Gedichts nährt süßer Tau
aus heimatlichem Dämmer, und sie rankt
sich leicht empor an fester Maße Bau.
Des Himmels Treue ist es, dem sie dankt,
wenn Beeren schimmern in dem Laub
der Nacht, vom Monde wachgeküßt.
Und blaue Luft wäscht ab den Staub,
daß Reime klingen, frisch, nicht trist,
wenn heiter rinnt ihr Blut ins Glas.
Und wird es rhythmisch rundgeschwenkt
vom Dichter, der die Trauben las,
hat Träume schon der Duft geschenkt.

 

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