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Das Leben spricht für sich

07.05.2014

Die Kleine, die schon ganz aufgeregt
vor der Eisvitrine mit dem bunten Süßen
sich mit der Hand, hastig,
aber stolz durch die Mähne fährt,
eine rote Spange hält die Pracht.

Die nervige Hand des Meisters,
die den kühlen Stein, bildschwellend,
umfasst und die Mulden kost,
die Hand, die den feurigen Maserungen
des Holzscheits entlangfährt,
dessen Sprödigkeit oder Nachgiebigkeit zu prüfen,
das horchende Betasten,
mit dem der Arzt geschwollene Lymphe
oder schwaches Pochen der Ader misst –
sie spüren in den fremden Wesen sich
und des Lebens große Gesetzlichkeit.

So ist es mit dem Bau des Körpers
und seiner ausgewogenen, nervgefügten Gliederung:
Es ist die ganze Seele,
die im Zucken des kleinen Fingers,
im hingeworfenen Blick,
im Verweigern eines Lächelns
sich wagt oder sagt,
döst oder stößt.

Nicht anders ist, wie aus dem dunklen Glas
des Wassers aufschimmerndes Gesicht,
das Narziss von Liebe kündet,
das weiße Blatt oder das jungfräuliche Fotopapier,
der leere Grund der Dichtung,
auf dem leicht emporgezittert
unterm zeugenden Andrang der Schrift
das Leben ein Selbst-Bild freigibt,
ein Schnappschuss, ungestellt und ungeschönt,
und gerade so nimmt es für sich ein.

 

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