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Der Kiesel Wort

16.09.2022

Der Kiesel, flach, glatt in der Knabenhand,
nachdem du durch das Schilf gewatet,
und hast noch einmal magisch ihn bespuckt,
und dann, die Welle sang, die Welle schrie,
wie ein Diskuswerfer, zwar nicht am Leibe
nackt wie der im Griechischbuch, doch war die Seele
kühn entblößt, hast du dich graziös geschraubt,
damit der Schwung aus deiner Mitte schieße,
und er flog, er sprang, tanzte der Libelle gleich
den weißen Knospen Schaumes nach,
verworrene Nereidenlocken,
wo prangten die, ach ja, im Griechischbuch
oder überm festen Nacken jener
mit dem Geigenkasten
aus dem musischen Zweig,
die Kringel heißen Geifers
hat in die Tiefe sausend
er noch aufgedreht.

So schleuderst heute du den Kiesel Wort,
den adernreichen, den du am Ufer
deiner Eremitenbucht dir aufgeklaubt,
wo tausend liegen, doch nur dieser weckt
deiner Hand das warme Nestgefühl,
und wieder holst du aus des Daseins Mitte,
wie jener Werfer in Pindars hohem Augenblick,
den Schwung, gibst ihm,
daß er gläubig in sich selber kreise,
feurig pfeife auf seiner Geisterbahn,
der Sonne wilden Herzschlag mit,
sein Flug, dem Flug der Schwalbe gleich,
die zwischen Wolkenschatten auf- und niederschwirrt,
stürzt durch Strophen hohen Wellengangs,
pflückt sich Blütengischt von Wogen,
die über Traumschutt und Korallen rollen,
und da und dort, bevor er jäh versinkt
in einen Abgrund ewig unbesungener Nacht,
wo seine namenlosen Ahnen liegen,
hebt er aus samtenen Wassers Falten
zu ferner Liebe sternentrücktem Blick
Tropfen blauen Schimmers, grünen Reims
von Topas und Lapislazuli.

 

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