Die geschändete Sprache
Geknebelt kann sie röcheln bloß, nicht singen.
Die taube Zunge formt nichts mehr, was lebt.
Wie trügen sie hinan gestutzte Schwingen?
Wie schwebte, was am Leim des Argwohns klebt?
Der Schönen haben sie die Locken abgeschnitten,
die helle Brust mit Teer des Hohns beschmiert,
sie hinkt, die einst in weicher Anmut kam geschritten,
im Mund den Knebel wird sie nackt zum Markt geführt.
Der Dichter sucht im Auge der Geschändeten
den stillen Stern, der Nacht und Leid erhellt,
nur Weiße starrt, das Schneelicht von Geblendeten,
der blauen Iris Wunder ist entstellt.
Mag er im Grabe der Erinnerung wühlen
nach Bildern, die ein Holdes noch bewahrt,
das Wort erschlafft, kann er den Hauch nicht fühlen
die Sprache schwellen ihm zu hoher Fahrt.
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