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Eines stummen Hühnchens Traum

03.11.2013

Mariechen hieß das goldne Hühnchen auf dem Öko-Hof –
sie war von Kindheit stumm.
Ihre Mutter blickte flehend oft zum Kirchturmgockel –
dann wurde ihrʼs zu dumm.

Mariechen zottelt mit dem roten Kämmlein gern und scharrt
Körner zwischen Gras und Sand.
Mama hat gegackert lauthals Preis und Dank, als sie froh
ihr erstes Ei im Nestchen fand.

Mariechen hat wohl viel Geschwister, Tanten auch und Nichten –
doch ihr Herz ist einsam,
seit sie jenen schönen Herrn gesehen, der bunt sich brüstend
an ihrem Zaun vorbeikam,

den feinen Auerhahn – von ihm nun träumt sie, mit ihm entflieht sie
in die freie Waldesnacht,
wo das Auermännchen goldne Körner ihr aus den Federn schüttelt,
und schnäbelt mit ihr sacht.

Wenn die Winde plauschen mit dem Nachtgespensterstrauch,
schluchzt sie auf im Traum.
Wenn tausend schwarze Augen funkeln zwischen Farn und Fels,
huscht sie unter seinen Flaum.

Wenn er leise gluckt im Schlaf, sucht sie den hellen Mond,
und ihr Herz schmilzt in dem Schein.
Und sie fühlt in sich was Liebes: legt freudig ein gesprenkelt Ei –
und gackert drüber hell und rein.

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