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Fehl am Platz

25.12.2013

Auf dem Leinpfad mit dem gleißenden Sand
lässt es sich gehen – aus dem schwarzen Busch
hörst du Ebbe und Flut eines Seufzens –
ein Tier, das in die Falle der Morgensonne geriet.

Es lässt sich gut wandern und schauen,
wie der afrikanische Fluss Orchideennester,
Grasnarben oder die langen ohnmächtigen Arme
der Weidenbäume mit sich führt, mit sich reißt.

Und der Pfad wird steiniger, enger und enger –
und bricht jäh ab. Du rutschst nach unten, klammerst dich
mit knöchernen Fingern und gesplitterten Nägeln,
die bald bluten, am Sandstein des schroffen Hangs.

Und der schäumende Strom leckt unter dir
immer wieder an deinen nackten Füßen,
und es ist wie eines Tieres fleischig-warme Zunge.
Der Strom, du siehst es bei der plötzlichen Biegung,

schwillt an, und auf den gurgelnden Wellen fluten
abgehackte Hände der schwarzen Diener dahin,
schlieren die blonden  Mähnen skalpierter Matronen.
Dort strudeln Bücher, hunderte, tausende,

zerrissen, zerstochen, verkotet, es sind deine Bücher,
wie kommen die denn auf den Fluss in Afrika,
fragst du dich noch, da siehst du im kreiselnden Tanz
der Bücher den abgeschnittenen Kopf eines Gorillas.

Und du hörst es hohl singen aus seinem klaffenden Maul:
„Ugara oka nammdi, Afrikas Kinder tanzen und singen
unter den blitzenden Sternen, Schlangen verschlingen
die Sterne, die Sonne zerschlitzt die Schlangen.“  

Du ziehst dich voll Abscheu über den Rand des Hanges
und gelangst in den weißen Park der Begierden,
wo die nackten Schönen im rosigen Lichte
die Haut ihres perfekt gerundeten Daseins baden.

Hier beherrscht den Geist die Drangsal der Düfte
von Ingwer und Myrrhe und der Rose des Kaps,
und die wie Dornen die Träume ritzen,
die blauen Wimpern seufzender Frauen.

Du duckst dich beschämt ins hohe Steppengras,
dich vor den Blicken der Hochmütigen zu bergen.
Du wühlst nach den dunklen Sagen der Erde
und kriechst über der Echsen giftigen Schleim.

Da ist das offene Tor, wie kannst du entkommen,
im hohen Bogen schwebt die Gestalt einer alten Frau.
Du zwängst dich durch Stacheldraht, der dich beißt.
Hinter dir hörst du niederrieseln des Gelächters Fontäne.

Du bist fehl am Platz, zumal in Afrika, mein Lieber.

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