Skip to content

Der beschuhte Mensch

26.06.2020

Trug Adam im Garten Eden schon Sandalen,
die nackte Eva Stiefelchen und Pumps?
Ist Adam abends in flauschige Pantoffeln geschlüpft,
lackierte Eva ihre Zehennägel?

Beschuhter Mensch, wie gehst du unerlöst,
wie unerfühlt bleibt dir der Erde Teppich,
des Grases Tau, der Zuspruch weicher Moose
durchs trockne Leder seelenloser Sohlen.

Mit Stiefeln kann den Matsch, der Furche Blut,
die Asche der Verwüstung der Soldat
fühllos durchwaten, kein Kristall der Gipfel,
kein Wüstenstachel sticht den Bannerträger.

Wie weit willst, Heimatloser, du noch stapfen
mit Füßen, die nur Dumpfes tasten, Scheintote
im glänzenden Schrein gewichsten Schuhwerks,
das blinde Hände schnüren, müde wieder lösen?

Du übertrumpfst das Horn der wilden Tiere,
die Klauen und die Ballen, die doch fühlen
ein Sanftes in der Spur der Todesnacht,
und gehen stets vom Schoß zum Schoße heim.

Du aber fliehst, weißt nicht wie sie wohin,
entschwebst ins Blau des Abgrunds, Sohn des Hermes,
als wären deine Schuhe Flügel, doch kein
Olymp glänzt dir, soweit du schweifen magst.

Wirst nimmer du die grünen Schwellen Edens
mit nackten Füßen überschreiten, der Wahrheit
gewiegteste Halme zärtlich streifen, die Schwielen,
die Wunden im Tau von weichen Veilchen kühlen?

Wirst nackt geboren du im Schreckensschrei
verstummt im Stöhnen vor verhängtem Kreuz
der stygischen Ufer Dornicht am Knöchel spüren,
wirst du ein tauber Schatten ewig sein?

 

Comments are closed.

Top