Die Liturgie der Heiligung
Die schlanken Figuren der großen Dome
stehen in würdiger Stille in den Nischen,
wie Flammen, ruhen unter Baldachinen,
ruhen unter den Schatten auf Simsen
und schön geschwungenen Balustraden,
im Leuchten der überhängenden Blüten,
Fittiche heben die einen schon höher ins Heil,
andere sind gefaßt und getragen
von höhenden Kränzen und Aureolen.
Ihre Stille leuchtet in den Nächten,
wenn ihre basaltenen Falten zu wehen scheinen,
wie von baldiger Ankunft und Wiederkehr,
vom Zuspruch der heiligen Engel.
Wie häßlich ist das Leben der Menschentiere,
die durch die Straßen und Märkte krabbeln,
gezogen von stechenden Eingeweiden,
vom Dunst der Hormone und Därme benebelt,
im Wahn, die Tage zu reihen wie Haufen Kots
oder wie Kreuze an den Gefängniszellen,
jedes steht für einen Fluch, einen Faustschlag,
eine erwürgte Erektion des Lebens.
Die Buchen stehen in den Domen
der Haine in übermenschlicher Stille des Duldens,
die der Wind mit leisem Rauschen vertieft,
und wenn Harz ihnen tropft aus Wunden,
hörst du kein Jammern, die Dämmerung
wird manchmal dichter nur von schmerzlichem Duft.
Dort eilen sie wieder, mit den Messern
die Beute zu zerlegen, das reine Antlitz
der Erde zu schlitzen oder mit dem Kot
und schwarzen Pech ihrer Zeichen und Sprüche
die schweigende Rinde,
die Stirn der heiligen Kühe,
den Altar der stummen Menhire
in ihr Kauderwelsch zu bannen.
Und einer sticht den anderen aus mit dem gelben Schwefel
der grelleren Meinung,
mit Zauber-, Ohren- und Nasenringen,
mit dem aufgeklärten Finger im Hirn der Einfalt wühlend,
mit phallusschwankem Getue und äugelnden Mienen
und feuchten Gesten, die Unschuld zu kirren,
sich mit Genüssen zu wirren,
und treten einander in Lachen.
Wie würdig ist die Stille der Blumen,
ihr Steigen aus dem Dunkel zum Vater,
ihr Sinken zur dunklen Mutter,
und der heitere Flug ihrer Sporen und Pollen
ist würdig und still, wenn der Wind auch singt
oder die Kapsel der Samen hüpft und springt,
sonst sind es die Bienen, in deren Summen
sie wandern von Lichtung zu Lichtung,
sonst ist das stille Saugen und Flattern
der Falter und Motten ihre tiefste Erregung.
Wie häßlich ist das triebentzündete Schwirren
und Irren der Menschentiere, ihr Knatschen
und Matschen, ihr Hacken, Häckseln und Hauen,
ihr schwitzendes Zeugen, verklebt von Seufzern
und Todesgestöhn, wie widerwärtig der Lärm
ihrer tobenden Kinder, das Rülpsen und Spucken
der zahnlosen Alten, das Lärmen und Brüllen
der werkelnden, bauenden, niederhämmernden Männer,
das spitze Gellen und Trillern aus den sexuellen Kehlen der Frauen,
wie wird die Seele geschändet von gemeinen Bildern,
mit denen sie das Leben feiern, von gemeinen Reden
aus den elektronischen Kästen und flackernden Behältern,
die nachts den weißlichen Glitzerwurm der Lüge ausscheiden,
und immerfort das nichtige Klatschen des Kots.
Die heilige Liturgie und das reine Wort der Seher
weist uns die Schwelle, für die Stunde
der reinen Empfindung abzutun
das eitle Gebaren und mit gesalbter Stirne
und abgeschminkter Seele,
in feierlichem Schreiten dem Wunder zu nahen,
angetan nur mit der stillen Kerze als demütigem Zeichen
für unser kleines flackerndes Dasein,
dem ein freches Husten und Prusten das Dunkel bringt.
Nicht aus uns selbst, aus dem Plunder des Erlebten
und den Goldgirlanden des Ersehnten, sollen wir uns beweisen,
geben sollen wir den ganzen Leib, sein erwachendes Beben,
wenn die Glocken schwingen, und einer mit dem andern
gehen wir gemessenen Schritts, in einerlei Gewandung
aus nichts als Flecken Lichts auf dem blumenhaft geschlossenen Fleisch.
Wenn die Engel mit Honig und Öl unsere Lippen bestreichen,
sollen dem Munde entstäuben, Mund an Mund,
die süßen Pollen purpurnen Dankgesangs.