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Der Oger singt

03.01.2022

Wie sich dem Aug, dem einzigen, vermischen
das Blau des Himmels und das Grün der See,
wenn aus dem Bart des Nereus Gischte zischen,
verblaßt Apollos Gold auf Lunas Schnee.

Aus zartem Schilf schnitt er die Hirtenflöte,
des Ogers Blick wird feucht an fernem Traum,
die Töne schmelzen in der Abendröte,
und was sie sagen, weiß er selber kaum.

Nun steigen Seufzer aus dem kruden Munde,
der außer Käse gerne Blutwurst schlingt,
nun dämmert auch Kyklopen jene Stunde,
da höher sich Gesanges Flügel schwingt.

„Wo bist du, Galatea, milchbeträufte,
schwimmst mit Delphinen du zum Inselreich,
wo dir ein Akis Rosenblüten häufte,
daß deine mondnen Knie ihr Duft erweich?

Tauch nur im blauen Golf nach Blutkorallen,
du findest röter keine als den Mund,
der meinen schmäht, hörst du ihn trunken lallen
von deiner Lenden kußumrauschten Sund.

Und weiß ich auch, unmöglich kannst du breiten
der Locken Vlies auf zottelkrause Brust,
und kann ich kiemenlos nicht zu dir gleiten,
es überstrahlt dein Bild verwehrte Lust.

Mag Menschenfleisch ich künftig meiden,
von Käse nur mich nähren und von Kraut,
du bist zu fein, in Lammfell dich zu kleiden,
zu schälen Zwiebeln, eines Hirten Braut.

Ich weiß, mein Singsang, meine Flötentöne
umwogen nicht melodisch wie das Lied
des Orpheus deine lilienblasse Schöne,
doch seh ich Eurydike, wie sie schied.“

Was macht er jetzt, der liebeskranke Heros?
Er wirft die Flöte in den Wogenschwall
und stürzt ihr nach, besiegt vom dunklen Eros,
doch Galatea dreht den Purpurball.

 

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