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Walther von der Vogelweide, Unmutston

19.09.2016

Nû wil ich mich des scharpfen sanges ouch genieten:
dâ ich ie mit vorhten bat, dâ wil ich nû gebieten.
ich sihe wol daz man hêrren guot und wîbes gruoz
gewalteclîch und ungezogenlîch erwerben muoz.
singe ich mînen höveschen sanc, sô klagent siz Stollen.
dêswâr ich gewinne ouch lîhte knollen:
sît si die schalkheit wellen, ich gemache in vollen kragen.
ze Ôsterrîche lernt ich singen unde sagen:
dâ wil ich mich allerêrst beklagen:
vind ich an Liupolt höveschen trôst, so ist mir mîn muot entswollen.

 

Nun will auch ich den scharfen Ton nicht mehr verhehlen:
Wo ich einst furchtsam bat, da will ich nun befehlen.
Ich sehʼs nun ein: der Herren Lohn, der Frauen Gaben
sind mit Gewalt und Dreistigkeit ganz leicht zu haben.
Sing ich im hohen Ton, verklagt man mich bei Stollen.
Fürwahr, auch meine Ader schwillt ganz leicht vor Grollen:
Wenn Bosheit ihnen schmeckt, sie dran ersticken sollen.
In Österreich lernt ich einst das Singen und das Dichten:
Gleich mache ich mich auf, mein Leid dort zu berichten:
Find ich an Leopolds Hofe Schutz, ist mein Zorn gleich abgeschwollen.

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