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Der Prophet

18.10.2018

Der Prophet aus dem Walde
steht im Qualm der Jahrmarktbuden –
rings spreizen seine Aare
Gefieder aus rosigem Schnee
und nachtblauem Mohn.

Ein Dorn aus Licht bohrt sich
vom Mund eines schwarzen
Pappmasché-Engels
auf einer Fahnenstange
in die Schläfe des Manns,
der radebricht, was er leidet,
sein gellendes Äffchen dreht
sich tänzelnd im Kreis.

Nackte Knaben blasen Muscheln,
die Dorfschöne entblößt ihre Brüste,
eine Greisin zeigt gackernd
mit ihrem Krückstock
auf das grinsende Passionsgesicht,
dem Tränen Aschenschlieren malen,
ein bebrillter Gnom kritzelt
mit verkniffenem Mund
auf das weiche Pergament
eines Mädchenrückens:

„Wolken brennen, Lilien bluten,
Flüsse zernagen ihre Uferweiden,
Schlangen fressen Oblaten
auf bemoosten Altären,
ein silberner Hammer tönt
im grünen Himmel.“

 

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