Die Gestalt der verlorenen Kindheit
In einem wässrigen Faden
krümmt sich der Schatten einer Seele
und ein winziger schwarzer Punkt,
die bang und närrisch zuckende Unruh
einer lebendigen Uhr, beginnt zu pulsen.
Du stromertest nackten Fußes im Garten,
als der knorrige Baum unterm Wogen
der Apfelblüten leuchtete.
Du sahst die Wasserflöhe hüpfen
über den schwarzen Samt des Teichs,
die Mücke deiner Seele, wie sie haltlos
am Beckenrand rutschte, sahst du nicht.
Du sahst nicht den Bruder im Baum,
nicht, wie übersprossen von Blüten
deine knorrige Seele zu flirren begann,
nicht, wenn Mond seine Milch über sie goß.
Doch zog dich ins Geheimnis Dämmerlicht
mit dem sanften Glühen schwebender Frucht,
wenn sie unter herbstlichen Nebeln
glänzend fauligen Mostgeruch verströmte.
Du hocktest vor dem aufgeplatzten Apfel,
dem Lymphe aus der Wunde troff,
und die gelbe Wespe senkte berauscht
ihren harten Mund in den sickernden Saft.
Trank nicht deine Seele mit dem fremden Mund,
flog sie nicht mit dem süßen Kuchen
in die Höhle deiner kindlichen Einsamkeit,
vernahmst du nicht im trocknen Schwirren der Flügel
die Wimpel sommerlicher Fahrten flattern?
Deine wehmütigen Augen tranken das Licht,
das aus himmlischen Quellen
durch die Zweige tropfte,
deine lockigen Haare weinten dem Wind
und dein Mund sang die herbe Süße des Gartens,
der sich unterm goldenen Sinnen des Laubs
dir für ein langes entzaubertes Dasein verhüllte.
Aus wässrigen Schatten recken sich Hände
ins lichtgesprochene Leben,
Augen, auszuwandern ins Bild der blauen Landschaft,
ein Herz, wilder zu schlagen, wenn Regen Duft
aus dem Haar der Flechten und Moose wäscht –
ein Herz, zu brechen, wenn wieder der Herbst
die dämmernde Frucht rötlich behaucht
und aus dem Nebel einsam
die verlegen lächelnde Gestalt
deiner verlorenen Kindheit hervortritt.
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