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Im Keim verschlossen, Rätselwort

22.02.2025

Wenn von des Abgrunds Dunkel Blitze künden,
von Gottes Schweigen aber Donner dumpf,
wenn eine Wolke Segensmilde regnet,
den Tau von Wimpern schütteln wache Knospen,
spricht wohl prophetisch geistgestraffter Mund:
„Es ist ein Gott, der überm Zwielicht thront,
sein Name glänzt, o dunkles Licht der Tiefe,
und seines Zeichens ist der Gipfelschnee,
wenn ihm im Abendlichte Schatten blauen,
sind es, die sanfter rauschen, Engelsschwingen.“

Wie aber jener, der vom Strahl geblendet
und über sich geworfen das Gewand,
daß er der Schar enthüllt, den Auserwählten:
„Unsichtbar ist die Macht, die schöpferische,
wir sehen nur, wie Wolken, Schaum der See,
gespenstisch jagen, nicht der sie peitscht den Sturm.
Wie das im Keim verschlossen, Rätselwort,
das aufgeht unterm goldnen Kuß des Lichts
und sich entfaltet zu der hohen Eiche
episch raunender Gestalt, ist Gott,
unaussprechlich ist sein wahrer Name.
Wir haben nur, dem Echo gleich, das zehrt
am bröckelnden Gestein, und Efeu schauert,
der Seele schmerzlich-süßes Zittern, greift
die Saiten fühlend eines David Hand,
den Psalm, ein zartes Blatt, vom Strahl vergoldet,
der durch das trunkne Laub des Dämmers drang.“

Uns, die gesanglos wie im Hades tasten
mit Händen, taub von tumber Mühsal Schwielen,
mit Herzen, die am blinden Puls ergraut,
hat leergewischt der blauen Tafel Zeichen
ein schwarzer Schwamm, getunkt in Tränensud.

Wer nähme, die am Gitter Schwermut wuchs
und ahnend schwankt, die Ranke sich als Brücke
ins weiche grenzenlose Blau der Nacht,
wer hielte noch im Reigen der Plejaden
sein Herz dem Blitzen hin, Orions Pfeil?

 

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