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Männer und Frauen

01.04.2016

oder von verlorener Liebesmüh

Immer wieder kam es zu Mißverständnissen und Anwürfen, weil der Name „Büchner-Preis“ die Feinhörigen und mehr noch die mit dem Dritten Ohr Begabten als allzu männliche Form befremdete und zu der irrigen Annahme verleitete, als seien Damen oder sogenannte Damen oder andersgeschlechtliche Wesen von der Preisvergabe ausgeschlossen. Nun hat die Akademie für Sprache und Dichtung in einem heroischen Akt der Selbstüberwindung und Selbstkasteiung sich endlich dazu durchgerungen, den Preis in „Büchnerinnen-Preis“ umzubenennen.

Die Devise des Perversen: Alle können und sollen nach MEINER Fasson selig werden.

Wenn alle sexuellen Praktiken der damit schon verbal ins Hintertreffen geratenen heterosexuellen Praxis als ebenbürtig zugeordnet werden oder der heterosexuelle Eros als eine unter beliebig vielen Varianten erotischer Phänomene betrachtet wird, wird sowohl dem Mann die Ehre abgeschnitten, die er nur als einziger Liebhaber der einzigen Frau oder als Vater ihrer Kinder erlangt, als auch die Würde der Frau in den Schmutz gezogen, die ihr als Mutter und als Verkörperung und Symbol mütterlicher Liebe gebührt.

Die Latzhosen-Feministinnen kamen aus dem wahnhaften Kollektivumfeld der kommunistischen Gruppen der siebziger Jahre, in denen sie noch brav in Blusen und Röcken mit den sich als Avantgarde mißverstehenden Führern der Bewegung, bebrillten Parteikadern mit der Pistole der wahren Auslegung in der Tasche, die Stellen aus den Klassikern des Marxismus-Leninismus rot unterstrichen, in denen der Vater als Patriarch und Haustyrann den Schatten der Karikatur des herrischen Fabrikbesitzers und kapitalistischen Arbeiterschinders des 19. Jahrhunderts warf. Der Wechsel vom Rock zur Latzhose, von der Dauerwelle zur Hennabürste, diese ganze Verhanswurstung und Verschandelung des weiblichen Körpers, galt als Initiationsritus, bei dem den Herren der Schöpfung mit der Krawatte das Recht zur Zeugung abgeschnitten wurde. Die Brüste schwabbelten nunmehr im Zustand ungefüger Emanzipation unter dem fadenscheinigen Tuch, zum Zeichen, daß sie sich nicht nur dem Dienst als erotische Attraktoren versagten, sondern mehr noch dem Dienst, der in der Folge der Schwangerschaft dem Säugling zum Dasein gereicht.

„Das neue Weib“, dieser Urmythos der kommunistischen Ideologie, konkretisierte sich in der Emanzipation des Eros vom Zeugungsakt und der massenhaften Vernichtung werdenden Lebens.

Die abendländische Lyrik beginnt mit der Verehrung und dem Zauber der fernen Geliebten, der Minne, und endet mit dem Gestammel von geistigen Zwittern.

Die heterosexuelle Liebe zehrt von der Spannung zwischen den geschlechtlichen Polen, die allen Charme, alles Glück und alles Unglück der Liebe freisetzt. Die laue Entspannung, die der kommerzialisierte Verkehr der Geschlechter bietet, mutet wie die Flucht vor dem allzu großen Glück, dem allzu großen Unglück der Liebe an.

„Lebensabschnittspartner“ – gibt es einen kaltschnäuzigeren, schamloseren, verletzenderen Begriff als diesen für den einen Teil einer Gemeinschaft, die sich einmal als Bund der Treue verstand, dessen wahrscheinliche, ja tatsächliche Auflösung an ihren Beginn zu stellen Treulosigkeit und Kaltherzigkeit besiegelt?

Das Ende der ars erotica: Schulfibeln schon für die Kleinsten, die zu perversen Grenzüberschreitungen animieren.

Der äußerste Übergriff der Herrschaft der Mache: das Geschlecht als sozial einzuübende Rolle, als Fiktion und Konstrukt, als beliebig überzustülpende, beliebig abzuwerfende Maske.

Dem esoterischen Dichter, esoterisch aus Not, bleibt seit Baudelaire der Rest der Natur, die Erinnerung an die Natur des Eros, die sich in die Metaphern des mit festlichen Untergängen lockenden weiblichen Haars, des blendenden Schnees der Brust, der bitteren Tränen des Schoßes geflüchtet hat.

Der Meerfrau amputierte man den Fischleib und transplantierte ihr einen fahrbaren Metallstuhl, an dem sie unverständliche Worte tippt.

Das dämonische Weib, von dem Goethe und Mörike wußten, Baudelaire und Trakl, es wurde in der neuen Inquisition des industriell durchorganisierten Daseins auf das Rad der Acht-Stunden-Tags gespannt.

Gott wirkt als Schöpfer in der Zeugung, in der Angst und dem Glück ihrer Spontaneität, in der Vaterschaft und Mutterschaft. So ist es also ein satanischer Impuls, den Mann in den Abgrund der Zukunftslosigkeit ejakulieren zu lassen und die Frau als ebenbürtige Partnerin seiner Arbeit am Nichts zu degradieren.

Samen und Brot sind die Wahrheit des Hauses. Und die wahren Namen von Mann und Frau sind dominus und domina, Hausherr und Hausherrin, Lord und Lady. Das Gesetz der ehelichen Verbindung, wie es uns Israel und Rom überliefern, ist die Verschriftlichung der heiligen Flamme des Herdfeuers.

Besser als sich in Lebensabschnittspartnerschaften zu verzetteln und zu vermarkten, besser als zum Gespenst einer Daseinsfristung in lustiger Zweisamkeit ohne Harm und Charme zu degenerieren, ist die heroische oder verzweifelte Wahl der Einsamkeit.

Der letzte Mensch ohne Gott und Gesetz haust in komfortablen klimatisierten Höhlen einer grenzenlosen Langeweile, die er durch das freche Rupfen kleiner Lüstchen oder das lauherzige Begehen kleiner Verbrechen vergebens zu verkürzen strebt.

Der letzte Mensch ist der Zwitter ohne Sehnsucht nach Größe und Vollendung, die nur das flackernde Licht vom jenseitigen Ufer, nur der vom anderen Ufer herübergewehte Gesang eines Engels oder Dämons wecken.

Die leiblich-seelische Spannung und Verbindung von Mann und Frau ist der Ursprung der Religion.

Die Frau ist dem Mann die Mittlerin und der Dolmetsch der transzendenten Bezüge, kraft ihres Schoßes ist sie die Prophetin der Verheißung. Sie ist die erste Priesterin, die ihn den Verzicht auf das schweifende und ausschweifende Dasein des Nomaden lehrt und ihm das Feuer hütet, an das er zurückkehrt, die Kultur des Herds.

Die Lösung des Rätsels der Frau ist, wie gewisse nicht gerade unweise Männer zu sagen sich erkühnten, die Schwangerschaft. Doch mehr noch gilt dies für den Mann, der für sein flüchtiges Besamen nur Abbitte zu leisten vermag in der Treue der Verpflichtung.

Die männliche Tugend ist die Verantwortung, die ihn die Mutterschaft der Frau lehrt.

So ist alles Schreiben und Dichten ohne Verantwortung leer und eitel. Die Verantwortung des Schreibens gilt einer anderen, derselben Frau: der Sprache, die dem Dichter die Kinder gebiert, die Werke, die ohne die lange, schwierige Schwangerschaft jener Gebärerin nicht zur guten Gestalt heranreifen.

Die Sprache, diese schwierige, kapriziöse Geliebte, mag sich dem Dichter verweigern, wenn er ihr zu unsanft, launisch oder selbstbesessen zu Leibe rückt und sie nicht mit dem Zauberwort aufschließt, dem Sesam-öffne-dich.

Der unbeweibte Dichter ist nicht verloren, denn er hat als Geliebte die Sprache.

Der Lästerton der Zeit verleumdet in der Frau nicht nur die Mutter, sondern in der Mutter auch die erste Erzieherin.

Die weibliche Tugend ist die Demut und die Geduld, wie viel Geduld braucht es, um den Faden der Erinnerung zu spinnen, wie viel Demut, das Wachstum der Frucht zu belauschen.

Die göttliche Mutter, jene, deren Herz die Nägel des Kreuzes durchbohrten, jene, die den toten Heiland auf dem Schoß trug, ist nunmehr auch die Königin des Waldes, um die sich, jenseits des Menschen, die Tiere scharen, die sie mit ihren tränenerfüllten Augen befriedet.

Der letzte Dichter, der die Frau aus den elementaren Mächten ihres Lebens, Quelle und Frucht, Ruf und Verstummen, panische Nacktheit und bestrickende Schleier, besungen hat: René Guy Cadou.

Nun, wer erhält den neuen „Büchnerinnen-Peis“? Natürlich ein flottes, grell geschminktes Rede- und Text-Mädchen, das seinem Liebhaber von heute die ranzige Butter seiner Tagebuchsplitter aufs Brot schmiert, und zwar für die Mühe sternloser Nächte, in denen es den aktuellen Armutsbericht der Bundesregierung oder den blutverkrusteten Report von Amnesty International nach dem Staccato eines zigeunernden Slang oder negroiden Jazz-Slam anarchisch umbrochen und mit dem einsamen Muskelspiel ihres fruchtlosen Uterus brutal metrisiert hat.

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