Poetologische Variationen
1
Du siehst sich winden
einen Wurm
und wirfst die Birne weg.
Doch unreifen Schwärmers
feuchter Funkelton
hat dich an den Rand geführt,
wo ein Dunkel blufft.
2
Ein Satz,
ein Kleid,
weich geschmiegt
um des Gedankens
nackten Leib!
Den Vers reiß auf,
wenn er sich üppig bauscht,
und wende dich
vor einem rachitisch
eingekrümmten Skelett.
3
Von den blassen Fasern
der aufgeplatzten Puppe
schließt du nicht
auf eines zarten Falters
schillernden Flug.
Drehst du den Teppich um,
ahnst du im Gewirr der Fäden nicht
der Wiese Blumenpracht,
worauf man steht.
4
Herz,
das angeschlagen,
schwingt sich auf
in Obertönen
zu Seraphim,
die du nicht mehr hörst.
5
Die das Blut verschmähen,
Selenes Töchter,
lauschen bang
auf des Sonnenstiers
dumpf dröhnende Hörner.
6
Scheue Reime,
Tropfen Milch,
die an der Charis
weißer Lende
rinnen hin.
7
Ausgezehrten Wortes
mürbe Lippe,
nach einem Tropfen Wahrheit
dürstend.
Fetter Wanst,
in der Rhetorik seichtes Wasser
trübe Schäume
klatschend.
8
Schwankend
in der blauen Schale,
Knospe
Vers,
wie vor Scham
verschlossen.
Im Strahl
der untergehenden Sonne,
wenn du auf schwermutweichen
Kissen liegst,
geht ein Duft
durchs Zimmer.
9
Vers,
vor Durst
allzu gierig abgepflückte Frucht
des frühen Sonnentags,
wässrig noch.
Honig
aus der Erinnerung Waben
schmeckt erst süß.
10
Außen weich wie Schmand, doch innen trocken,
Blätterteig-Sonette, überstäubt
von gereimten Puderzuckerflocken,
hatten unsre Zungen schon betäubt.
Du gabst uns den Honig wilder Bienen,
Stachelbeeren, Quitten, rohe Kost,
und die sauer schmeckten, Apfelsinen –
da erquickte Liedes herber Most.
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