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À part

11.05.2022

Philosophische Sentenzen und Aphorismen

Motto nach vierzig Jahren pädagogischer und medialer Dressur zu Toleranz und Fremdenfreundlichkeit: Du sollst deinen Nächsten hassen wie dich selbst.

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Die Rache eines gewissen hinkenden, brüllenden und zeugungswütigen deutschen Scheusals: Ein vulgärer, dabei nicht einmal ungebildeter Gettojude mistet den Literaturbetrieb der Gojim von der Jauche und dem Dung des Abgestandenen und Reaktionären, alles Goethisch-Hölderlinisch-Rilkehaften aus.

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Ein Muskel allein kann nichts machen (oder lachen).

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Ein sentimentaler Pseudo-Büßer und Wanderprediger ersteht auf dem Trödel in Kazimierz eine Kippa und würzt seine Vorträge fortan mit einem Mauscheln, das unbeleckte Ohren für jiddische Brocken halten.

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Journalisten: Parasiten fremden Unglücks.

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Während sie sich lässig auf die Brüstung der Medienloge lehnen, malen sich geheucheltes Entsetzen und gekonnte Empörung auf den Gesichtern der Voyeure, die sich am blutrünstigen Schauspiel mit dem Titel „Gog und Magog wider den Heilsbringer“ delektieren.

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Mit frühem Rilke gepudert, elegisch überzuckert: sentimentaler Brei für zahnlose Greise.

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Lieber der von Knut Hamsun ausstrahlende kalte Schauer, der scharfe Pfiff eines Emil Cioran oder gar der Faustschlag eines Louis-Ferdinand Céline als das faulig-betäubende Blumenwasser der Dame Dichterin.

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Kehren wir also zu den Vorsokratikern zurück und formen Verse aus Lehm und Spucke, Sperma und Licht, Feuer und Eis, Schaum und Perlmutt.

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Was wir meinen, wenn wir etwas sagen, ist eben das, was wir sagen, nicht, was wir uns dabei denken; es sei denn Schweigen wäre ausdrucksvoll genug.

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Die Kleingeister und die Fanatiker, beide hängen fixen Ideen an.

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Manche meinen: Wir wissen, daß wir allein sind; daher der Glaube an Götter. – Auch die schrecklichen, auch die Dämonen seien der Leere vorzuziehen, da sie den Erschrockenen mit Pathos und Bedeutungsschwere beladen.

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Allzu viele Erlebnisse, Ausflüge und Affären zermürben den Charakter. Mancher reift aufgrund von Erfahrungsarmut.

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Mitleid, das sich ausstellt und nicht sich in verborgenen Werken entäußert, ist eine Form der Herabwürdigung.

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Der Gedanke ist kein Schatten des Gedachten. – Die Erinnerung ist kein Echo des Erlebten. – Die Erwartung keine Treppe, die schon knarrt, als wäre der Erwartete im Anmarsch.

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Horaz unterläuft – monumentum aere perennius – die verräterische Transfiguration dessen, was von der Flüchtigkeit des Hauches ist, des Gedichts, ins ihm ganz fremde Element der erzgegossenen Plastik. – Hier soufflierte – non omnis moriar – der Tod. – Doch auch wenn schon lange der Pontifex nicht mehr gemeinsam mit der tacita virgo die Stufen zum Kapitol hinanschreitet, blieb ihm der Lorbeer, den ihm Melpomene einst wand. Der Lorbeer freilich ist aus anderem Stoff als Erz.

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Gedicht: Wort, in dem das Gegen-Wort schon mitklingt; wie mit der angeschlagenen Saite die sich ins Geisterhafte verlierenden Obertöne; wie bei der Klaviersonate in der Zweitstimme der linken Hand die dunkle Welle anschwillt, auf der die flüchtige Blüte des von der rechten vorgebrachten Themas fortgetragen wird.

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Woran wir uns erinnern, woran wir denken, was wir erwarten, ist nicht der Gegenstand unserer Erinnerung, unseres Gedankens, unserer Erwartung; wir erinnern uns nicht an den Park, in dem wir gestern spazieren gingen, sondern daran, daß wir gestern im Park spazieren gingen; nicht die Dämmerung ist das, woran wir gerade denken, sondern daß es nun Abend und dunkel wird; nicht der Freund ist der Gegenstand unserer Erwartung (oder Befürchtung), sondern die mögliche Tatsache, daß er bald kommt (oder auch nicht kommt).

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Nicht Gegenstände, sondern Sachverhalte, die wir im Deutschen mittels der Konstruktion eines von einem mentalen Verb wie „sich erinnern“, „an etwas denken“ und „etwas erwarten“ abhängigen daß-Satzes oder einer indirekten Aussage ausdrücken, sind die eigentlichen Inhalte unserer geistigen Tätigkeit.

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Wir können uns nicht in dem Sinne selbst belügen, wie wir unseren Freund belügen; denn wenn wir lügen, wissen wir um den wahren Sachverhalt. – Was ist es aber für eine Form des Selbstbetrugs, der uns das krumme Holz, aus dem wir geschnitzt sind, als eleganten, in gotische Himmel ragenden Pfeiler ansehen oder anpreisen läßt?

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Wir können nicht beides, erwarten, daß der Freund kommt, und erwarten, daß er nicht kommt; hier müssen wir den Widerspruch meiden. Aber wir können hoffen, daß entgegen all dem, was wir von des Freundes Unzuverlässigkeit und aus bisheriger enttäuschender Erfahrung mit ihm wissen, er doch noch kommt.

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Im Gedicht freilich können wir etwas sagen und im nächsten Vers einschränken oder zurücknehmen; ja, sagen, daß wir lieben und zugleich hassen; daß das Leben sublim wie eine Rosa mystica duftet und zugleich stinkt wie ein widerwärtiger Haufen Dung; daß der zarte Purpur des Abends uns die Dinge verklärt und zugleich sich in ihm die Finsternis ankündigt, die alles entstellt, zerreißt, vernichtet.

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Die Riten, Gewohnheiten und abgenutzten Floskeln des Alltags binden uns zurück an kaum mehr ins Bewußtsein fallende Institutionen, die uns einigermaßen sicher wie Planken über das Moor des Ungewissen gehen lassen, wie die Arbeit, die Freundschaft, das vertraulich-intime Gespräch oder die sachlich-professionelle Unterredung. Doch dann geschieht es, daß wir stutzen, wie einer, der einen Handschuh überstreifen will, der ihm nicht paßt (oder den linken über die rechte Hand); das Vertraute schaut uns abwesend oder mit diabolischem Lächeln an, die Riten laufen leer wie Räder in der Luft, die Gesten scheinen uns groteske Mechaniken eines Puppenspiels, dessen Regeln wir nicht kennen und dessen Dramaturgie von feindseligen Mächten dirigiert wird, die Worte dünken uns Schalen ohne Kern oder wurmstichige Früchte. Welche Wahrheit diese erschütternde Erfahrung hat, ist nicht immer klar, ihr ist kein Kriterien des Wahren oder Falschen auf die Stirn geschrieben: Ist sie, was Heidegger als Erfahrung der Angst und entscheidendes Existential beschreibt oder der Psychiater als Einbruch der Psychose?

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Plötzlich sind wir keine Akteure im großen Welttheater mehr, sondern reden, aber konfus, hart an den Bühnenrand getreten beiseite, à part, teils weil wir nicht wollen, daß die anderen mitbekommen, daß wir halb schon ausgestiegen sind, ja unseren Text, unsere Rolle vergessen haben, teils weil unsere Verlautbarungen schon in die Flüche, Derbheiten und Wortexzesse der klassischen Komödie auszuarten beginnen.

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Plötzlich merken wir, daß alles schwankt, wir selbst, was wir fühlen, was wir denken, was wir sagen, als trügen uns die heiklen Planken eines alten Seglers, der uns, wir wissen nicht wie, in die grenzenlose Wüste des Ozeans verbracht hat.

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Wir können das windige Element aus unserer Existenz nicht wie einen Abszess unter der Haut herausoperieren; dieser Abszess dient mittlerweile schon unserer elementaren Blutversorgung.

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Wir können auch sagen, wir tauchen in ein anderes Licht, eine andere Atmosphäre ein; so wie wir in der Kippfigur plötzlich statt der Ente den Hasen sehen; so wie die kleine Neckerei wider Erwarten in einen ernsthaften Streit ausgeartet ist; oder wie der Albatros, der eben noch majestätisch im blauen Abgrund schwebte, nun, auf dem Vordeck des Schiffs, von den rüden Matrosen gefoppt, seine großen Flügel wie Trauerschleppen ungelenk durch den Kehricht zieht.

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Die Bedeutung des Kunstwerks und des Gedichts erfassen wir eher als am dargestellten Sujet an der Art der Beleuchtung, die ihm Prägnanz oder Clair-Obscure, köstliche Schimmer oder lastende Schatten verleiht.

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Gewiß, ja ist nicht nein; doch ein Lächeln, ein Duft, ein feuchter Schimmer unter halbgeschlossenen Augenlidern kann für den heillos Verliebten die schlüpfrige Schwelle ins Verderben sein.

 

 

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