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Rabindranath Tagore, The Crescent Moon, Der Sichelmond, VII–IX

14.10.2018

VII The Beginning

‘Where here have come from, where did you pick me up?’ the baby asked its mother.
She answered half crying, half laughing, and clasping the baby to her breast, –
‘You were hidden in my heart as its desire, my darling.
You were in the dolls of my childhood’s games; and when with clay
I made the image of my god every morning, I made and unmade you then.
You were enshrined with our household deity, in his worship I worshipped you.
In all my hopes and my loves, in my life, in the life of my mother you have lived.
In the lap of the deathless Spirit who rules our home you have been nursed for ages.
When in girlhood my heart was opening its petals, you hovered as a fragrance about it.
Your tender softness bloomed in my youthful limbs, like a glow in the sky before the sunrise.
Heaven’s first darling, twin-born with the morning light, you have floated down the stream of the world’s life, and at last you have stranded on my heart.
As I gaze on your face, mystery overwhelms me; you who belong to all have become mine.
For fear of losing you I hold you tight to my breast. What magic has snared the world’s treasure in these slender arms of mine?’

 

VII Der Anfang

„Wo komm ich her, wo hast mich mitgenommen?“, fragt das Baby seine Mutter.
Halb lachend, halb weinend antwortet sie und drückt das Baby an ihre Brust:
„Du warst in meinem Herzen als sein Wunsch versteckt, mein Liebling.
Du warst in den Puppen meiner Kinderspiele; und als ich jeden Morgen
aus Ton das Bildnis meines Gottes formte, da formte ich dich und löste dich wieder auf.
Du standest im Schreine neben unsrer Hausgottheit, sie zu verehren hieß mir, dich zu verehren.
In all meinem Hoffen, allem Lieben, in meinem Leben, im Leben meiner Mutter war dein Leben.
Im Schoß des todlosen Geistes, der unsrem Haus gebietet, wardst du genährt durch eine Ewigkeit.
Als im Mädchentum mein Herz geöffnet seine Blüten, schwebtest du über ihnen als ein Duft.
Deine zärtliche Sanftheit blühte in meinen jugendlichen Gliedern wie Himmelsglut, bevor die Sonne steigt.
Himmels Vorzugsliebling, des Morgens Zwillings-Licht, du bist den Lebensstrom herabgetrieben und endlich am Strand meines Herzens gelandet.
Blicke ich in dein Gesicht, überströmt mich Geheimnis; der dem All gehört, du bist worden mein.
Aus Angst, dich zu verlieren, halte ich dich fest an meiner Brust. Welches Wunder hat den Reichtum der Welt eingefangen in meinen schlanken Armen?

 

VIII Baby’s World

I wish I could take a quiet corner in the heart of my baby’s very own world.
I know it has stars that talk to him, and a sky that stoops down to his face to amuse him with its silly clouds and rainbows.
Those who make believe to be dumb, and look as if they never could move, come creeping to his window with their stories and with trays crowded with bright toys.
I wish I could travel by the road that crosses baby’s mind, and out beyond all bounds;
where messengers run errands for no cause between the kingdoms of kings of no history;
where Reason makes kites of her laws and flies them, and Truth sets Fact free from its fetters.

 

VIII Babys Welt

Könnte ich in einen stillen Winkel im Herzen der innersten Welt meines Babys dringen.
Ich weiß, da gibt es Sterne, die zu ihm sprechen, und ein Himmel, der sich über sein Antlitz beugt, um es mit seinen törichten Wolken und Regenbogen zu erheitern.
Jene, die sich taub stellen und so tun, als wären sie lahm, schleichen an sein Fenster mit ihren Geschichten und Schalen voll glänzendem Spielzeug.
Könnte ich über die Straße gehen, die Babys Geist durchquert, und noch weit jenseits aller Grenzen;
wo Boten Botschaften ohne Grund zwischen Königreichen von Königen ohne Geschichte überbringen;
wo die Vernunft Flugdrachen aus ihren Gesetzen macht und sie steigen läßt, und die Wahrheit Tatsachen frei von ihren Fesseln hervorbringt.

 

IX When and Why

When I bring you coloured toys, my child, I understand why there is such a play of colours on clouds, on water, and why flowers are painted in tints – when I give coloured toys to you, my child.
When I sing to make you dance, I truly know why there is music in leaves, and why waves send their chorus of voices to the heart of the listening earth – when I sing to make you dance.
When I bring sweet things to your greedy hands, I know why there is honey in the cup of the flower, and why fruits are secretly filled with sweet juice – when I bring sweet things to your greedy hands.
When I kiss your face to make you smile, my darling, I surely understand what pleasure streams from the sky in morning light, and what delight the summer breeze brings to my body – when I kiss you to make you smile.

 

IX Wenn und Weshalb

Wenn ich dir bunte Spielsachen bringe, mein Kind, verstehe ich, weshalb es solche Farbenspiele in den Wolken, auf dem Wasser gibt, und weshalb Blumen in Farbe gemalt sind – wenn ich dir bunte Spielsachen bringe, mein Kind.
Wenn ich singe, auf daß du tanzest, weiß ich genau, weshalb Musik klingt im Laub und weshalb Wellen ihren Chor von Stimmen zum Herzen der lauschenden Erde senden – wenn ich singe, auf daß du tanzest.
Wenn ich deinen begierigen Händen Süßigkeiten reiche, weiß ich, weshalb es Honig in der Blüte der Blume gibt und weshalb Früchte im verborgenen Innern mit süßem Saft gefüllt sind – wenn ich deinen begierigen Händen Süßigkeiten reiche.
Wenn ich dein Gesicht küsse, auf daß du lächelst, mein Liebling, verstehe ich genau, welche Freude vom Himmel im Morgenlicht herabströmt und welches Entzücken der Sommerwind meinem Körper bringt – wenn ich dein Gesicht küsse, auf daß du lächelst.

 

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