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Rosa de spinis floret

06.10.2015

Wer nicht weiß, wofür er sterben will, wozu sollte er leben?

Wer wähnt, er habe nur Freunde, hat den Dolch schon im Rücken.

Ein Volk, das keine Dichter mehr zum eigenen Ruhme hervorbringt, ist keine Zeile mehr wert.

Sie überschauern uralte Gefühle der Frömmigkeit in der entarteten Form der religio humanitatis.

Der Tod erteilt die Lehre, daß von den Dingen, die alle zu erlangen er verwehrt, wir das Vorzügliche, Edle und Erlesene wählen sollen: non quidem omnia, sed eminentissima.

Der Tod verleiht der Liebe die Aura: Sie leuchtet vor dem schwarzen Samt seiner beständigen Gegenwart.

Weil dein Geliebter im Angesicht des Todes atmet, ist er dir nah.

Horaz gibt das Gedicht den Schatten nicht anheim, weil die Fackel verlöscht, sondern weil der Dichter sie senkt.

Die Strafe für die Sottise, der Frau die Haustür geöffnet zu haben, entrichtet der Mann in Gestalt zweier Hörner, mit denen sie ihn der Lächerlichkeit preisgibt.

Ein Volk, das seine Invasoren mit Blumen empfängt, hat sich aufgegeben.

Ein Volk, das seine heiligen Stätten fremden Göttern anheimgibt, hat sich selbst verraten.

Ein Volk, das sich nicht mehr als Volk versteht, ist an sich selber irre geworden.

Eine salonfähig gewordene Art des Tugend- und Gesinnungsterrors scheint nicht nur zu einer Verweichlichung des Gemüts, sondern auch zu einer Erweichung des Gehirns zu führen.

Die Größe und Glaubensstärke des Christentums der Ritter und Troubadoure zeigt sich in den Kreuzzügen gen Jerusalem, nicht darin, vor dem Halbmond zurückgewichen zu sein.

Sie verwechseln den Jesus, der das Schwert der Unterscheidung gebracht, mit einem Schmalzjungen ihres Kirchenchores.

Im Gestrüpp der Ödnis flammt nur hie und da die Rose der Erinnerung auf.

Wer alles und alle zu lieben vorgibt, ist unfähig, sich selbst zu lieben.

Wer alles schätzt, ist selber wertlos.

Weil sie an ihren Vätern irre wurden, schicken sie ihre Kinder ohne Bild und Geheimnis in die leere Zukunft.

Wer sich selbst verwirklichen will, baut mit Ziegeln aus Luft ein Haus ohne Schwelle.

Ein Morgen ohne den Funken der Tat, ein Mittag ohne die Sonne des Guten, ein Abend ohne den Schein der Verklärung.

Die man zur Taufe zwang, wie die Sachsen und Magyaren, erwiesen sich als stolze Völker und Mächte. Die willig zur Religion des Wirtsvolkes konvertierten wie die Juden nach der Aufhebung des Gettos, gaben ihre Identität preis, um sie gegen Prestige und Bargeld einzutauschen.

Die modernen Konvertiten werden entweder furchterregend fanatisch oder abstoßend häßlich – oder beides.

Sie haben auf dem Elendsdung des deutschen Schicksals die Disteln mit den bescheidenen Blüten der Heine und Brecht eingepflanzt, unter deren stachligem Wildwuchs die Rosen und Lilien der Hölderlin, Mörike und Rilke zu ersticken drohen.

Hübsche Gören, die sich zur Niederschrift ihrer schmutzigen Geheimnisse, die alle Welt im Munde führt, am Scheidenfluß und dem Verwesungsgestank der Hinterpforte inspirieren, sind Goldes wert und strippen in den Talkshows, während eines Hölderlin Singen vom reinen Ursprung unter den Verdacht analer Zwänge gerät.

Wer sich der Verehrung eines Höheren verweigert, bekundet die Niedrigkeit seiner Existenz.

Sie wähnen, die Sprache der großen Dichtung wie Brosamen Hinz und Kunz hinzuwerfen erhebe sie zu Rittern der Tafelrunde. Doch die Nahrung, um die es hier geht, ist das verwandelte Brot, der verwandelte Wein.

Wir können den Kelch mit Sorgfalt und Liebe bilden, können ihn auszieren mit den edelsten Steinen unserer Demut und Hingabe, ihn von oben füllen kann nur der Heilige Geist.

Die Empfindsamkeit und Hingabe des Mannes, wie sie große Dichtung bezeugt, sind unter dem Messer akademisch bestallter Interpretation verblutet.

Dichter sind wie Frauen, die etwas unter dem Herzen tragen.

Um wider den Lärm der Welt zu bestehen, bedarf es des Rückzugs in die mystische Grotte der Erinnerung oder des Gebets.

Sie schreiben jetzt Schluß mit Doppel-s, um die Endgültigkeit des Bescheids nicht zu gewahren.

Im Kreise der Engel, der Heiligen und Erwählten, in ihrem Schatten, im Schatten ihres Schattens, in den Lobpreis einzustimmen – wahren Dichters wahre Sehnsucht.

Sie stellte ihm ein kleines flackerndes Licht neben das Notizheft und er dachte. „O, ist es mein Grablicht?“

Sie lieh ihm das Licht ihrer Augen, doch seine Seele war schon blind.

Unter dem Kreuz tritt alles Gedachte und Gesagte vor dem Glanz aus den Wunden ins Abseits zurück, wird ein Gewirre von um sich kreisenden Fliegen im Abendlicht.

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