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Brunnenheiliger

29.07.2019

Steht noch, steht, aber schief,
als habe sich ihm in die Weiche
das harte Knie der Zeit gedrückt,
fleht noch, fleht, aber schrill,
wie ein im Dornicht verfangener Vogel,
der wild nach dem Muttertier schreit,
so verwuchs der Mund sich zum Schnabel,
als habe die Zange des Dämons
ihn scherzend gegen den Sinn gedreht.

Und in die einfache Schale,
die seine Demut noch hält,
doch mit verwitterter Hand,
dem Stummel eines Leprösen,
rinnt wie vor Zeiten der Strahl,
singt seinen Hymnus Kristall.

Der Rücken ist ihm zerfurcht,
zerklüftet vom Spottlied der Schauer,
von Elegien-Schnee verbrannt,
die Augen gab er dahin,
die blöden Tropfen der Liebe,
die schrecklichen Spiegel des Leids,
zusammensackte das Antlitz,
Sand vor den Wogen des Monds,
Teig unterm Walken des Lichts,
zum Ausdruck dümmlichen Staunens.

Und am Rand der einfachen Schale,
die er wie schlafend noch hält,
sitzt ein junger Sperling,
nippt vom Wasser des Lebens,
taucht ein und plustert sich frisch,
ein zwitschernder Schatten verweht.

 

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