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Dir die Welt

04.12.2013

Die Waldmaus, der Marder
oder ein streunender Hund,
der seine Schnauze gierig unters Gras schiebt –
sie werden angeflogen und angedockt von Samen
in Fäden und Fiedern,
in Bällchen und Knäueln,
die krallen und kleben
wie die harzig-stachligen Kugeln der Kletten,
mit denen wir als Kinder uns neckten –
irgendwann fallen sie ab, gleiten sie nieder,
irgendwo werden sie abgestreift.

Dann braucht es nur wenige Krumen und Regen
oder ein nährender Tau
für die Ballung,
für die Entladung
leuchtender, duftender, nächtlich flüsternder Schönheit.

So magst du Jahre verdösen,
von der Schicksalskatze huckepack verschleppt,
hockst du in dunkelster Kapsel,
oder von einem dummen August,
einem schönen-schnöden Kobold geschubst,
taumelst du, stolperst jahrelang an Häusern vorbei,
an Gärten und Städten, an Menschen, Gesichtern,
deren Mund sich fischmäulig auftut und schließt,
und du siehst nichts, hörst nicht, verstehst nichts –
stolperst jahrelang an den Zeilen dicker Wälzer entlang,
und du tickst es nicht,
bist blöde und stumm.

Dann fällt mit einem Mal Regen,
und es scheint dir, die Tropfen platzen
und knallen direkt auf das fette Seerosenblatt
da in dir drin –

oder du hörst deinen Namen rufen
und drehst dich um,
und es ist das Rauschen im alten Birnbaum
oder in der Heizung,
das aus den Riffen Ozeaniens zu dir aufsteigt,
oder ein Klirren angestoßener Gläser,
und es zerbricht in dir wie hauchdünnes Eis.

Du gehst in all dies ein,
in das Platzen und Rauschen und Knacken,
wie die Hummel kriecht in ihr Erdloch.

Es braucht nicht viel, dich zu wecken,
bloß diesen Klacks, einen Husch, einen Tusch –
und die Nervenrose springt auf
und der Wille zuckt aus dem Schlaf.

Hellhörig, hellsehend, hellfühlend
weidest du auf dem liebsten Gesicht,
trinkst die Töne vom Mund –

noch schwankst und ächzt du mit dem Birnbaum,
saugst Würze aus dem Südwind,
der hebt dich über die Gärten,
und weiter über die Lichter der Stadt,
weiter, weiter, höher, dort
über die Purpurfeuer des Schnees.

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