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Der König und sein Narr

07.02.2022

Der Wasserkopf ward König,
der Philosoph sein Narr,
der ihn allmorgendlich
mit frischem Lorbeer kränzt
und Herrscherträume deutet,
doch hinter einer Maske
süffisanten Grinsens.
„Ich träumte von dem Hasen
wieder, der auf dem Thron
gesessen, ja meinem Thron,
sein Fell war purpurfarben,
und seine Löffel ragten
steil auf zum Baldachin.“
„Das bist du selber nicht,
doch der du könntest sein,
wär deine Inbrunst reiner,
würd immerfort nicht glucksen
in deinem Kopf die Brühe.“
Da eilen schon die Schranzen,
aller Scham entblößte,
nackt dem Bett entschlüpfte,
hosenlos enthemmte,
Zwerge, Schrate, Zwitter,
Bübchen, Dämchen, Hündchen,
coupiert und ausrasiert,
um ihren Hals geschlungen
ein Band hortensienblau,
im Anus Büschel schwingend,
Gräser, Mohn und Farn.
Inmitten quillt die Mutter,
ein wogend Ungetüm
aus Schmand und fahlem Fleisch
in kess durchbrochnen Spitzen.
Es knirscht im Knie der Zwerge,
die Schrate knacken Zapfen,
die Zwitter jodeln Oden.
Die Bübchen schwenken emsig
umzwirnter Anmut Schwänzchen,
die Schönen seufzen artig,
den Po der Hoheit reckend,
die Hündchen hecheln Schaum.
„Mir träumte“, spricht Madame,
das Negligé lass lüpfend,
„wie grüne Fluten stiegen
und trugen fort den Thron,
der hehre Kopf des Königs
schaukelte auf ihnen
wie eine lose Boje
und sang zu ihrem Plätschern
ein obszönes Lied,
er wurde klein und kleiner,
verschrumpelte zur Unke,
die eines Hechtes Maul
schwuppdiwupp verschlang.“
„Die Flut“, spricht kühn der Deuter,
entquoll dem Kopf des Königs,
ihr Plätschern und das Lied
sind seiner Muse Wohllaut,
der Hecht ist ihr Gespiele,
Leviathan, der Fresser.“
Da schlägt mit seinem Zepter
der Wasserkopf dem Narren
das kahle Haupt entzwei,
daß eine Schar von Vögeln
zwitschernd ihm entflattert.
Es hebt ein Tanzen an,
ein Zucken nackter Beine,
ein Schütteln falscher Locken,
ein Girren und ein Bellen.
Der König fällt vom Thron,
Madame birgt ihn, er winselt,
in ihres Busens Mulde.
Plötzlich wird es still,
die Entourage erstarrt,
leblose Marionetten.
Der Narr ist auferstanden,
thront unterm Baldachin
und liest bedächtig nickend
in einem goldenen Buch
vom Spiel des Weltenschöpfers
mit einem Ungeheuer
in seines Geistes Tiefen.

 

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