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Das Verstummen der Vögel

11.08.2022

Alles stumm. Reckt auch Tentakel fern
die Sonne schon und stülpt sie gierig
um die Holunderbüsche deines Traums,
sie knistern, schrumpeln, trockne Larvenhäute.
Und bist du wach und siehst, wie Rosenglut
in wirren Fasern an der Decke fiebert,
wie sich in schwülem Hauch der Vorhang bläht,
scheint dir von einem Kokon leeren Brütens
die Welt umsponnen, stumm ist alles, stumm.
Kein Vogelruf, nicht einer, dem seit Stunden
du harrst entgegen. Frohe Amsel, wo,
was machte dir dein Morgenlied zuschanden,
ihr Schwalben, wurden euch die Flügel steif,
wollt ihr den Sommer nicht mehr herrlich künden
mit eurem Schwirren, eurem Sirren heiß,
sind hier die Krümel Staub geworden, Spatzen,
daß keines flattert mehr und schrillt und pickt,
was hat das Gurren euch verleidet, Tauben?
Die Sonne, die mit Feuerzungen wühlt
im Krug des Liedes, findet keinen Tropfen.
Zerbrochen liegt der Krug, den Nacht für Nacht
uns angefüllt mit süßem Tau das Leben.
Und Zwitschern färbte blauer blaue Luft,
daß Atem noch den Geist des Dumpfen hellte,
die wunde Seele tauchte ein ins Bad
von Kräutern, Harz und Wohlgeruch der Wälder.
Kein Vogelsang, kein Freudenruf, wie tot
und leer die Zeit, als wär’s der Zeiten Ende,
als wär im Lebensteppich ausgerupft
von der Harpyie krummer Rachekralle,
des Unheilvogels, der nicht singen kann,
das schönste seiner Muster. Lose Fransen,
die dir geblieben wie ein Büschel Gras –
kein Gott kann sie ins schöne Bild mehr weben.

 

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