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Falsche Kunst und echte Tränen

21.01.2019

Mir ist die greise Witwe lieb
dort überm Apennin,
die vor dem Plastik-Jesus kniet,
sie murmelt zahnlos vor sich hin,
und bunte Lämpchen blinken.

Sie faßt, wird alles um sie Nacht
und ihre Kräfte sinken,
nach jener Wunden-Hand
um einen Kuß so sterbenssacht.

Lieber ist die mir, so kindisch
Gott in Gips Gebete lallt,
und tropft sein Herz von purem Kitsch,
ihr graues Herz ist ja nicht kalt
und schön die weibliche Ekstase,
lieber als der Snob-Tourist, der arrogant
die kultivierte Nase
rümpft vor solch naivem Tand,
seine Brille wischt und rückt
vor Mantegnas Cristo in scorto
und im Kunstbuch blätternd tut
so philiströs verzückt.

Indes il suo cuore è morto,
für den Beweinten hat er keine
Träne übrig, daß er wie
die blöde Alte niederknie
und sein vergessen weine.

 

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