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Somnambule Blicke

24.11.2025

Ein Fenster hat im Hof des Traums geklirrt.
Ins Dunkel taumelte
die Blüte einer Bougainville.

*

Schlafgemach,
wo Mondes Wehmuthauch
umsonst den Spiegel trübt,
der für die müde Seele lang schon blind.

*

Goldnen Hornes Ruf,
Herold, der unterwegs
die Botschaft schon vergaß
und sich im Rauschen
fahlen Laubs verlor.

*

Der am Saum des Tags gezagt,
weicher Tropfen Abendlicht,
fällt im Nu. Die Rose schließt,
das noch sonnenwarm, ihr Lid,
und der Schwermut Aug erglänzt.

*

Das durch Flammen ging,
reiner Liebe Kind,
steigt empor
ins Geflirre
hymnischen Gesangs.

*

Kaum ans Herz gestrichen,
Bogen sanfter Glut,
und schon rötet sich
samtenes Meer der Nacht.

*

Von Sternengischt umschäumt,
die Jade hoher Woge steht,
wie auf den Bildern alter Meister,
als wär erstarrt die Zeit.

*

Das Siechtum nickt,
gleich einer kranken Puppe,
in die unterste Lade
vom Überdruß gelegt,
und nuschelt zahnlos,
wenn auf dem Smartphone
flimmert
Menetekel,
Mene, Mene, Tekel.

*

Wollust, die sich windet
in unsichtbarer Boa
Würgegriff.

*

Ein Kokon baumelt
an Klothos Faden
in der Fensternische,
die Raupe starb darin.
Kein Flügel brach ins Licht
ihm, der hier einsam
hauste.

*

Der greise Geck
verhält noch knapp den Speichel,
daß er nicht in der Blondine
Plastik-Ausschnitt trieft,
die er bei Ebay
jüngst ersteigert hat.

*

Auf den Kopf gestellte
Karyatide.
Weh, wenn der Architrav
die Ferse kitzelt.

*

Ein Kinderkopf trägt einen Turm,
da wohnen Eltern und Verwandte.
Ferner Ahn ruft von den Zinnen:
„Schlaf ein, mein Herz, schlaf ein!“

*

Auf dem Regal in ihrer Küche
in Reih und Glied
märchengrünen Schimmerns
Einmachgläser
mit niedlich eingeschrumpften
Embryonen.

*

Ein femininer Beau lehnt,
devot wippt sein Eunuchenschopf,
zwischen den Tatzen einer Tigerin,
schaut in ihr kaltes Raubtierauge,
das eigne feucht vor Dankbarkeit,
daß sie ihn hat noch nicht zerfetzt.

 

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