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Pfiffikus träumt

08.09.2016

Pfiffikus blieb lange wach,
zu viel Kaffee macht ihm Brausen
zwischen seinen Schläfen,
und wenn er denkt an all
die scheuen Islandpferdchen,
die jetzt den Mond anglotzen
oder ihre Mähne schütteln,
weil es regnet, wird ihm so
weich das Herz, wie ein Dotter
zittert es in dünner Schale,
o, so dünn ist diese Haut,
ein Bienchen sticht sich durch,
der Stachel eines Igels,
es platzt das Lebensei, und pustet
frech der Wind, schon rollt es,
rollt zum Abgrund an die Kante
dieses kurzen Küchentischs,
dieses flachen Lebens – schwupp,
er hörtʼs noch klatschen fern,
fern in einem anderen Traum.

Komm sei pfiffig, Pfiffikus,
dreh dich auf die andre Seite,
dort wird der Traum ein andrer sein,
wenn er hört das süße Lied
von der Insel zu ihm wehen,
Insel-Blume, weiß auf grünem Meer,
da glüht das Herz ihm ohne Schale,
schlürft die Tropfen blauen Winds,
gähnt Lust sich aus Lagunenschwüle,
Echse auf der heißen Mauer
südlich honigwarmer Lüfte,
und die Augen sind nur Schlitze,
wenn die Sonne brütet Schlaf.
Echslein kriecht auf trocknem Moos
auf des Lebens schmalem Sims
nach dem Schatten einer Distel,
und die Distel gibt ʼnen Stich – schwupp,
er hörtʼs noch klatschen fern,
fern in einem anderen Traum.

Komm sei pfiffig, Pfiffikus,
dreh dich auf die andre Seite,
dort wird der Traum ein andrer sein,
wenn in einer Sommerlaube
Mücken tanzen, Mäuse wispern,
und ein blondes Kind vom Busen
pflückt die rote Anemone,
wie sie wiegt in warmer Hand
dieses holde Blumenköpfchen,
fühlt er weich die Liebe säumen
durch sein blütenkitzlig Haar,
fühlt den ersten Kuß, der weckt,
einmal und für immerdar,
seines kleines Lebens Licht,
wie es flackert, wie es knistert.
Erst ist es süßer Schmerz,
wenn das Kind ein Blättchen rupft,
und beim nächsten tutʼs dann weh,
doch beim dritten wird ihm flau.
„Liebt mich, liebt mich nicht,
liebt mich, liebt mich nicht!“
Und beim letzten „Liebt mich nicht!“
packt ihn die kleine Furie – schwupp,
packt den tumben Stummel seines Lebens,
die häßlich ausgerupfte Liebe,
und wirft ihn barsch ins Eck
zu den erschrocknen Mäusen,
die still aus ihren Löchern äugen.

Komm sei pfiffig, Pfiffikus,
dreh dich auf die andre Seite,
dort wird der Traum ein andrer sein …

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