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O komme heim

13.10.2022

Wie Bäume, deren Wurzeln fühlend sehen,
die Blätter selbst, daß sie den Herbst wohl nicht,
die Winterbitternis kaum überstehen,
noch einmal saugen tiefer ein das Licht

und alle Säfte aus dem Dunkel ziehen
in weißer Blüten übervolle Pracht,
in Purpurfrüchte, die wie Seufzer glühen
verzagter Liebe in der Sommernacht,

hast du, als geisterhaft sich Schatten längten
auf deinem abendlichen Dulderpfad,
die Verse, die ins Moos der Stille drängten,
gehoben auf den schmalen Gipfelgrat,

von wo die Wasser auseinanderliefen.
Da habt ihr noch den Fremdling angeschaut,
o Augen, die wie Anemonen schliefen,
von Tränen süßer Wehmut übertaut,

habt aufgetan euch seinem wehen Hauchen,
und strahltet mondesmild: „O komme heim!“
Wie Schwäne ihre müden Häupter tauchen,
zergeht dein Lied im schaumverlornen Reim.

 

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