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Die scheue Muse

26.01.2022

Weil des Lebens Disteln stechen,
dichten Bange Flaum,
halten bald die Fühllos-Frechen
Pegasus im Zaum.

Bittre wollen süß verfließen
im Enjambement,
doch kein Könner mag genießen
Honig in Bouillon.

Zwerge klimmen dreist auf Brüste.
Wem? Melpomene.
Schon gefrieren die Gelüste
harsch im Gipfelschnee.

Löser glauben sich die Schreier
mit dem Gossenslang,
doch der hohen Sänge Schleier
wallt schon metrenstreng.

Die mit krummen Rhythmen kämmen
Sapphos Lockenpracht,
wird ein blaues Rauschen schwemmen
in des Orpheus Nacht.

Die wie Mücken sirrend funkeln
auf dem Zeitendung,
wird des Waldes Hauch verdunkeln,
Lied der Dämmerung.

Und die Purpurblüten rupfen
aus des Meisters Kranz,
blassen Zeilen Glut zu tupfen,
tünchen Toten Glanz.

Nur die Verses Duft vermissen,
wenn die Knospe schwillt,
wird die scheue Muse küssen,
Odem, der sie stillt.

 

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