Ferne Brunnen
Wenn wir aus dem Fenster schauen,
sitzt das Täubchen auf dem Dach.
Ob es sich noch mag getrauen,
auf den grauen Asphalt fliegt,
wo gestreute Körner blinken,
oder Scheu den Mut besiegt
Zuflucht ihm die Gärten winken?
Samen aber von dem Stamme,
weich umperlt von Edens Wasser,
Funken hoher Rosenflamme,
sprossen sie auf Herzens Krumen,
sanken sie nicht blaß und blasser,
wie vergeßne Zimmerblumen?
Wenn wir die Gedichte lesen,
die ein Hafis zitternd schrieb,
der im Paradies gewesen,
wissen wir denn, was uns blieb,
unser harrt im Abendrot?
Wortes Blume, die geblüht
in dem morgenstillen Garten,
trat Geschwätz sie fühllos tot?
Müßten wir aufs Wunder warten,
daß die Wolke, die so müd
und die Herzen macht so bang,
regnet über Nacht sich aus,
Tau erweicht die spröde Sprache?
Sollen wir, wie lang, wie lang,
auf zu tauben Himmeln flehen,
bis durch unser dunkles Haus
hellen Auges Engel gehen?
Doch uns trübt sich nur die Lache,
sternenlose, zwischen Steinen,
und wir hören nur im Traum
ferne Hafis Brunnen weinen,
tags bleibt stumm vor Lärm der Raum.
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