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Die Mücke

21.02.2019

Das Gurgeln des Wassers in der Nacht,
das wirre Tasten des Scheinwerfers
auf der schmalen Uferstraße,
und was dort auf den Wellen schwebt,
ein Flügel, der sein weißes Seufzen trinkt,
ein schwarzer Ast, der nicht mehr grünt,
ist wie ein Traum des alten Stroms.

Auf dem Nachttisch gilbend hingeneigt,
die kaum mehr duftet, Rose,
das Andachtsbild aus Vallendar,
getrübt von Tränenblicken
aus umrankten Gittern des Gebets
das Lilien-Lächeln für das Kind,
und über die Schwelle sickert hin
der gelbe Schaum des Sterbelichts.

Kein Fittich ist, der deckt zu Häupten
und zu Füßen den Abgrund
zwischen Angst und einem kargen Streifen
von schon nicht mehr heimatlichem Moos
den Leib, der ungefragt ins Ausland kam,
wo Wunden Rätsel reden.

Ihr Atem kommt und geht,
ihr Atem geht und kommt, drängend,
zögernd, hastender, zagender,
ein Kind, ein scheues Mädchen,
das in den Hain der Wälder flieht,
aus kühler Quelle Trost zu trinken,
und kehrt getröstet wieder heim,
ein Kind, das in den Garten geht,
und eilt mit seinem kleinen Korb,
gefüllt mit Frucht und Beeren,
ins Elternhaus zurück,
bis sich der Hain mit Schatten schließt,
es wuchert Schilf um jenen Glanz,
bis ihm das Wasser nicht mehr rauscht,
der Garten ist von Dickicht überstickt,
es hängt mit dem geblümten Kleid
das Kind an Dorn und Stacheln fest.

Die graue Mücke Seele schwirrt
im scharfen Dunste von Urin
und abgestandner Traumesluft
an der Fensterscheibe auf und ab,
sie sirrt, erstarrt und sirrt,
sie sucht den Halt an einem Bild,
das ihr der Rhein entgegentrüg,
wie über Wellen hingegossne
bunte Festlichkeit
von einem weißen Schiff,
wo heller Jugend Anmut singt
und zarte Haut im Mond erglänzt wie Schnee,
und dort mit seinem losen Schal,
mit Rosen fein bestickt,
ein schwarzgelocktes Mädchen winkt.

Sie findet keinen Halt und fällt.

Die Mücke kehrt man in der Früh
im rot durchsonnten Zimmer auf.

 

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