Sexualgroteske
Während wie stets um die Zeit des wehstürmenden Glockenläutens Mann und Weib sich begatten, beginnt es im Innern des mit herben Kräutern gestopften Strohballens, auf dem sie hausen, zu seufzen und zu knistern und zu zwitschern, bis endlich beißender Qualm das Paar in den finalen Spasmus treibt. Die halberstickte Frau kann noch zischen: „Achtung, Zikaden!“ – da rollen die Einbände der inmitten des Zimmers zur Pyramide gestapelten Bücher gleich sanft herabgeschälten Pfirsichhäuten dem Mann sich um den nackten Leib und bilden züchtige Bandagen, zwischen denen das rosige Fleisch sich wölbt und quillt. Das ausgeseufzte Weib rotiert rasend schnell im Spiegel, ein pfennigkleines, milchblindes Auge. Was blieb dem ratlos ins Leben ejakulierten Mann? Er kugelt zwergenbucklicht kreuz und quer von Wand zu Wand, endlich rollt er aus ins erhabene Zwielicht der Zimmerecke, wo hoch oben das Weihbildnis Mariae Septem Dolorum unter dem roten Fieberschein der Kerzen flackert. Sardonisch lächelnd schiebt die Madonna das blaue Gewand vom schwellenden Busen: Heiß beißende Tropfen fallen jenem auf die Zunge, die er im schwerblütigen Rhythmus des Gebets mit dem kalten Trotz der Vipern wieder und wieder in die Leere eines ganz gewöhnlichen Wintersonntagabends stößt.