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Verse, wachgeküßte Lider

01.06.2023

Verse, ihr schlafenden Augen, o küßten
wach euch die Lider, daß zittern die blassen,
liebende Strahlen, die lang wir vermißten,
sag euer Blick uns: Ihr seid nicht verlassen.

 

Lüfte, die um Kerzen spielen,
löschen sie mit einem Mal.
Die aufs Flimmerkleid stier schielen,
eitle Verse, innen kahl.

Von der Schürze stäubt und schwindet
wolkig Mehl, vertaner Rest.
Vers, den Wahrheit hold nicht bindet,
kein Gedächtnis hält ihn fest.

Blumen, die vorm Mond erbleichen,
schließen ihre Lider bald.
Blassen hellen Tags die Zeichen,
Haut des Verses, taub und kalt.

Durch der Dämmerungen Ranken
schimmert heim ein Sternenreich.
Verse, die auf Wassern schwanken,
schneegefiedert. schwanengleich.

Fahler Asche mag erwecken
letzte Glut, wer gläubig schürt.
Süß läßt uns ein Vers erschrecken,
der ans Unsagbare rührt.

Trauben, die im Dunkel glühen,
künden uns von edlem Wein.
Verses Sinn will uns entfliehen:
Atmen seinen Duft wir ein.

 

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