Damnatio memoriae
Und kratzt du ab auch all den Firnis
von Flechten, Farn und Moosen fahl,
zutage tritt nur Zeichen-Wirrnis,
Verwitterung am Ahnenmal.
Und keiner ist noch, es zu lesen,
und keinem ist die Deutung kund.
Erlauchte Namen, sie verwesen,
behaucht sie nicht der Liebe Mund.
Du magst die bunten Scherben leimen
der Schale, die vom Tisch du stießt.
Die Samen des Gedenkens keimen
nur, wo Narziß die Augen schließt.
Du magst noch ferne Treue glauben,
brach dir ein Alb den Ring entzwei.
Doch wird dir Treu und Ehre rauben
damnatio memoriae.
Wenn die zu lesen nicht verstehen
vom Grab den Efeu niederreißen,
wird bald der Rauch der Namen wehen,
daß niemand wisse, wie wir heißen.
Und haben sie verjaucht die Quellen,
am rein Entsprungenen sich zu rächen,
vernehmen wir statt Hymnen Gellen.
O Muse würg, daß wir erbrechen.
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