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Der Schaum der Empfindung

29.09.2022

Du schlägst die Augen auf
und siehst –
was kann mehr sagen, der dichtet,
was mehr, der denkt.

Und liegst du im Gras,
und siehst die Halme,
wie sie weich sich im Abendwind wiegen,
siehst eine Spinne, die sich schlafwandlerisch kreisend
am fühlenden Auswuchs des eigenen Daseins
langsam herabläßt,
und der zart gesponnene tödliche Faden
raubt sich vom Mondlicht noch Schimmer,
ist es genug,
was der flüchtige Schein
auf dem dunstigen Spiegel der Leere
zu gaukeln vermag.

Werden aber die Lider dir aufgetan,
wie die am Gitter des Zwielichts schon schliefen,
die weichen Blüten der Rose
von lüsternen Fingern des Winds,
und du siehst das Funkengewimmel,
die glühenden Mücken
des nächtlichen Himmels,
gleicht es silbernen Tupfen
auf einem japanischen Fächer,
der sich unter dem Doppelgestirn
schwarzer Sonnen
knisternd entfaltet.

Doch hat der Hauch
warmen Lebens dich aufgeweckt,
er glitt wie ein Flaum auf die Wange,
und du schaust in zweier Augen
schilfumschauerte Maare,
wo deine Blicke,
gleich knienden Rehen,
durstig sich trinken,
ist das Wunder,
das den Schaum der Empfindung
auf die stygische Woge der Nacht
uns geweht,
dir untrüglich vor Augen gerückt,
und schließt du sie wieder,
o Hüter der Strahlen,
erschöpft unter Küssen des Lichts,
bleibt dir,
bis es die schwärzliche Woge
jählings verschlingt,
sein Nachbild,
der Traum.

 

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