Karl der Große im Dreieichenhain
Der dicke Morgennebel verschluckt den Hufschlag.
Der Reiter duckt sich unters Geäst der knorrigen Eichen,
zur lichten Mitte schwenkt er ein im stillen Hag.
Eine weiße Taube flattert auf – die Nebel weichen.
Hohe Säule, Irminsul, der Weltenbaum
tritt plötzlich ihm vor Augen. So ragen Gedanken
hoch und wurzeln Ängste tief. An seinem Saum
der Altar-Block, so schwer, als würde nimmer wanken
der Erde grüne Veste. Mit Asche vermengt
aus Dinkel, Hafer, Roggen die Opferkuchen.
Der Mann steht nun davor und sinnt bedrängt
den Zaubersprüchen nach, die ihn verfluchen.
Ein altes Weib, doch ragend ungebeugt,
betritt den Kreis in leuchtendem Gewande
des priesterlichen Amts. Ihr Blick bezeugt,
der würdevolle Gang, sie sei von hohem Stande.
„Was entweihst du meinen heiligen Hain
mit Sporenklirren roher Tritte.
Was starrst entgeistert du zum Opferstein –
die Göttin nähr ich, dass sie uns ernähre!“
„Der Gott, den ich dir künde, bedarf
der Speisung nicht, er schenkt vielmehr des Lebens
Brot den Seinen. Dein Werk sei hinfort eitel,
die Göttin tot. Das weiset dir der Franken König.“
Kaum hat der Herrscher ausgesprochen, hüllt
Nebel alles ein. Er hört die Eichen rauschen.
Er tastet vor. Was eben Herz und Auge ihm erfüllt,
entschwand. Ihm muss der Welten Sinn sich tauschen.