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Pfütze und Fontäne

19.03.2023

Philosophische Sentenzen und Aphorismen

„Fachmenschen ohne Geist, Genußmenschen ohne Herz.“ Max Weber

Sie leugnen den Unterschied von Gesetz und Übertretung, also wollen sie die Gefängnisse niederreißen; den Unterschied von Vernunft und Wahn, also die Psychiatrie auflösen; den Unterschied von Sinn und Unsinn, also reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist.

Der Name des Vaters ist das Gesetz des Abendlands. Verfällt seine Ehre, sinkt das Erbe dahin.

Nach Maßgabe der Gefahr des Pater semper incertus ist das Patriarchat oder die Obhut des Mannes über die weibliche Fruchtbarkeit die vernünftigste Ehe- und Familienform.

Die Knappe Ressource Aufmerksamkeit inspiriert die Fesselung und Faszination des Blicks.

Die Regeln der Höflichkeit dienen der Verschleierung von Rangunterschieden.

Schoß die Blüte, Tränen ihr Tau.

Das Geschnatter auf den stillen Pfaden der Betrachtung wird man nur los, wenn man die Gänse in den Stall zurücktreibt.

Wenn man die Fahne mit den Heilszeichen (oder den westlichen Werten) schwingt, fließt schon Blut.

Intelligenz das Rinnsal, Dummheit der Ozean.

Wer die Grenze nicht hütet und die Türen nicht verschließt, hat nichts zu verlieren.

Je weniger an Substanz, umso lauter das Geschrei.

Die letzte Norm ist die paradox-perverse, alle zu verwerfen.

Der letzte Tanz um den letzten Götzen, den unfruchtbaren Hermaphroditen.

Die Primordialität der Zweigeschlechtlichkeit zu leugnen, zeugt von der Schwächung des Lebenswillens.

Schlaffe Hände ohne die Striemen und Risse, die vom Überlebenskampf künden; ein wächserner Geist, der an der Sonne der Erfahrung dahinschmilzt.

Den Melkbottich unter den Ziegenbock gerückt versprechen sie uns die duftende Molke neuer Erkenntnis.

Die monogame Ehe ist die Schule der Züchtigung männlicher Ausschweifung und Eitelkeit.

Wenn der Schwarze den kleinen Eckladen des weißen Siedlers überfällt, ist es eine Tat der Befreiung, wenn der Weiße in Notwehr auf den Schwarzen schießt, ist es eine rassistische Greueltat.

Erstaunlich (oder auch nicht), daß Dummheit als wärmende Schutzhülle vor dem Frosthauch des scharfen Verstandes geschätzt wird.

Wer heute mittels amtlich bereitgestellter App den mißliebigen Nachbarn und den Querulanten aus dem Büro denunziert, hätte damals als Blockwart dasselbe getan.

Wetterfrösche, Plastikattrappen im apokalyptischen Puppenspiel.

Wittgenstein antwortete dem marxistischen Geschichtsphilosophen, der den unaufhaltsamen Fortschritt durch die Wissenschaft und ihre segensreichen technischen Anwendungen dialektisch gegen ihre unausbleiblichen Folgen an landschaftlicher und seelischer Verwüstung verteidigte, auf die Frage, ob er denn auf all die lebenserleichternden Güter verzichten und wieder in einer Höhle hausen wolle: „Ja, in einer Höhle!“

Die gefeierten neuen Infantilen schmähen den Vater, der sie gezeugt und unter Entbehrungen aufgezogen hat, vor dem Vater des Vaters, dem stotternden Greis auf dem Sofa, spucken sie aus.

Wenn es wahr ist, daß sich die Schuld forterbt bis ins vierte und fünfte Glied, dann büßen manche durch innere Leere, manche durch den Verlust wahren Empfindens.

Die Untalentierten schmähen das Genie. – Hunde, die an Denkmälern das Bein heben.

Homer, die Tragiker, Sappho, Alkaios und Pindar – Fülle, gebannt in Form, steigt aus dem Anfang: ähnlich: die genuine Komplexität und Differenziertheit der alten Sprachen.

Deutschland, Land der Mitte seit den Karolingern und Ottonen, den Habsburgern und Preußen, Mitte zwischen Moskau und Paris, aber als Vasall überseeischer Mächte verliert es sein Gleichgewicht, und seine kulturellen Wurzeln verkümmern.

Die Wurzeln der deutschen Kultur sind germanisch und abendländisch: das Nibelungenlied und die Merseburger Zaubersprüche, Heliand und Parzival, Troubadours und Minnesänger, Madrigal und Tagelied, deutsche Rechtsbücher, Corpus iuris civilis, römische Baukunst und romanische Kathedrale, von der Gregorianik bis zur Wiener Klassik, von der Akropolis bis Spree-Athen, von Aristophanes und Sophokles bis Hölderlin, Kleist und Hofmannsthal …

Von den Priesterkollegien der frühen Republik bis zum Pontifex Maximus der Kaiserzeit, von den Quellheiligtümern bis zu den Tempeln des Forum Romanum, vom Walten der Auguren bis zum Festkalender heiliger Zeiten, von der bunten Opferschale für Proserpina bis zur hohen Kunst der Ara Pacis verlaufen die Linien und Muster des Sakralen im alten Rom.

Die Physiognomik, Typologie und Archäologie des Priesters ist noch ungeschrieben.

Die heidnischen Quellheiligtümer wurden zu Wallfahrtsorten des Marienkultes.

Freilich, der „synodale Weg“, ein Pleonasmus, der von der Unbildung derer, die ihn gehen, zeugt, weiß das fromme Gemüt zu keiner Wallfahrt mehr einzuladen.

Klopstock ist eine Fontäne, gespeist aus der Quelle des Helikon.

Aus trüben Pfützen lecken die streunenden Hunde der Gassenpoesie.

Das einmal zerrissene Spinnennetz, an dem die Tropfen der Ode und der Elegie funkelten, kann keine noch so empfindsame sehende Hand wieder zusammenflicken.

Der Wurzellose, ohne den Erdgeruch und das eigentümliche Licht einer Landschaft, der über alles redet, ohne daß eine Spur der Erinnerung zurückbleibt.

Der Junge vom Land in der Seminarbibliothek, dem noch Dung am Schuh klebte und am Gaumen das Bitterkraut der Erinnerung brannte.

Sie bemerken nicht, daß die Denkmäler, die sie niederreißen, auf sie selber einstürzen.

Der Termitenstaat wird mittels Absonderung chemischer Duftstoffe gelenkt; die Maschinerie des modernen Massenstaats mittels medialer Dauerberieselung von lügnerischen Phrasen und gleisnerischen Bildern.

Was sie überragt, müssen sie verkleinern, vom Schnee des Gipfels sagen sie: „Dort ist es kalt“, vom Öl, das die stille Flamme verzehrt: „Es stinkt.“

Wessen Wort nicht wie die Münze klingt, die auf den Ladentisch rollt das leise Plätschern dichterischen Quells findet keinen Widerhall in ihrem nüchternen Kontor.

Die Unfähigkeit zu bewundern geht mit der Verachtung des eigenen Daseins einher.

Ihre Bedeutungslosigkeit hat keine Zukunft, also soll vergangene Größe keine Gegenwart haben.

Sie haben sich bis zur Bewußtlosigkeit amüsiert und sinken in einen dumpfen Schlaf, aus dem sie, erschöpft von der atemlosen Flucht vor dem Minotaurus ihrer Traumlabyrinthe, ohne Hoffnung erwachen.

Auch den Trottel läßt man nicht durchfallen, auf daß sich die Schule nicht blamiert, auch dem Kretin verwehrt man nicht den Hochschulzugang, auf daß man nicht des Rassismus bezichtigt wird.

Die illiterate Großsprecherin macht man zur kulturpolitischen Instanz, auch wenn sie das christliche Kreuz als ein anstößiges Zeichen deklariert und ihr Musikgeschmack über den des kleinen Revuegirls nicht hinausragt.

Die sich am üblen Mundgeruch des Ressentiments erkennen.

Fräulein Müller erhält den Doktortitel, weil sie das Binnen-I jeweils eine Terz höher intonieren kann.

Der Gärtner, der Töpfer, der Goldschmied, sie wissen es noch, was der Hochschulabsolvent dank zehn Jahren, die er bei Vorlesungen und Seminaren in den Geisteswissenschaften verbummelte, vergessen hat.

Expertenräte: Stiefellecker der Politik.

Glücklich, wenn sie nur sagen, was alle sagen, fühlen, was alle fühlen.

Die das Unglück als Ehrenzeichen auf sich nehmen, aufgrund der Äußerung unverständlicher und befremdlicher Gedanken geschnitten zu werden.

Aufgrund von Muskelatrophie schleppen sich ihre Sätze an den zusammengeleimten Krücken einer perversen Moral voran.

Der athletisch federnde Gang der Epinikien des Pindar.

Die warmen Adern, die unter der zart schimmernden Haut von Goethes Versen pulsen.

 

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