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Der Kampf von Adler und Engel

26.04.2022

Zwei Augen – ein Blick. (Empedokles)
Aufwärts und hinab – ein Weg. (Heraklit)

Die Nacht war eine trübe Molke,
aufgeschäumt im Trog der Dunkelheit,
ein Tuch aus Dunst und Schnee gestickt,
das über das Mal des Waldes wogte,
die kahlen Äste Chiffren-Risse,
von grauem Efeu eingefaßt.

Unterm Pfeifen wie von Gauklerflöten,
aus Glas, aus rostigem Metall, aus Röhrenknochen,
flockenwildes Stäuben, es klatscht, es schluchzt
die Luft von Hieben süßer Wechselwut,
vom Himmel rinnt ein schwarzes Mehl,
zersägtem und zermürbtem Onyx gleich,
Geklirr, als hackten Geister-Schnäbel,
den Dunst zertrennen weiße Zungen
in Blütentropfen eines weißen Mohns,
Gesang, als kreuzten Flammen-Schwerter.

Dann wehen Purpurflocken nieder,
Kristalle stummer Schicksalswirbel.

Und wieder girrt die Nacht,
seufzt ineinander Flaum um Flaum,
und etwas steigt, wie Irrflut steigt
im Gischt sich schlingender Gewalten.

Ist es ein Doppeladler,
in jedem Schnabel eine Schlange,
ist es ein Zwillingsengel,
Mund auf Mund ein Feuermal?

Das Licht hat mit dem Dunkel sich vermählt.
Schatten sind wir auf dem Schnee des Nichts.
Was wir als Sinnes Siegel mit uns tragen,
wird sichtbar nur, prägt er sich ein dem Wachs.
O Wachs der Seele, wie es schmilzt am Tag
und tropft zur Erde, bricht die Nacht herein.

 

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