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Die weibliche Stimme: Harpyie

07.06.2017

In einer Voliere im Vorgarten auf einer Stange hockend

Mir schäumten Haare golden
über ein Veilchengesicht,
und meine Brüste schwollen,
Chrysanthemen im Mondeslicht.

Meiner Hüfte weiche Moose
perlten von Küssen,
meine Füße baumelten lose
über Purpur-Kissen.

Gott hat mich verworfen,
hat meine Schönheit entweiht,
meine Stirne hat Schorfe,
und mein Schoß ist verschneit.

Gefiedert mußte ich torkeln
über flehende Augen, mußte reißen
Wangen mit scharf gebogenen
Krallen, mich in Lippen verbeißen.

Alt und nutzlos geworden,
muß im Zwinger ich harren,
fremde Nachbarn versorgen
mich mit Mäusen und Ratten.

Wenn Iris spannt ihren Bogen
in die großen Gewitter,
bin ich in Träume verloren,
leise klirren die Gitter.

 

Rezitation:
Die weibliche Stimme – Harpyie

 

Siehe:
https://de.wikipedia.org/wiki/Harpyie_(Mythologie)#/media/File:Harpij_I.I_Schipper_1660,_graveur_Matthius_Merian,_
naar_J.Jonstons%27_%22Naekeurige_Beschryvingh_van_de_Natuur%22.jpg


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