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„Warum gabst du uns die tiefen Blicke?“

04.04.2014

Kleine deutsche Stilübungen IV

Als sie ihm das erste Mal vor Augen trat, wurden seine Blicke beredt.

Sie fühlte sich von seinen Blicken peinlich berührt und gemustert.

Als er Hammer und Meißel zur Seite gelegt hatte, maß der Bildhauer abschließend die Plastik noch einmal mit strengen, doch wohlwollenden Blicken.

Es schien ihr, als wolle er sie mit zarten Blicken betasten.

Es schien ihr, als wolle er mit spitzen Blicken nach dem Geheimnis ihres Herzens greifen.

Auch wenn dich seine Worte mit freundlichen Tönen anzulocken schienen, hielten dich seine stets wachen, prüfenden Blicke auf Abstand.

Von ihren kalten Blicken vom Scheitel bis zur Sohle gnadenlos gemustert, fühlte er sich beschämt und wandte sich verlegen ab.

Ihre Blicke berührten sich und konnten nicht mehr voneinander lassen, ihre Blicke verfingen sich und konnten sich nicht mehr voneinander lösen.

Je weiter sie in dem Brief las, desto tiefer verdunkelten sich ihre Blicke.

Inmitten des lärmenden und gegeneinander wogenden Gemenges standen sich die Anführer gegenüber, kreuzten ihre Blicke, maßen einander in raschen Blickwechseln.

Der strafende Blick der Mutter genügte, das Kind davon abzuhalten, sich dem verdächtigen Nachbarn zuzuwenden.

Ihre Blicke kreuzten sich und blieben aneinander hängen: Keiner wollte vor dem anderen die Demütigung erleiden, seinen Blick zuerst zu senken, keiner wollte dem anderen den Triumph gönnen, seinen Blick zum Niedersinken gebracht zu haben.

Die Blicke des Propheten gehen in die Ferne: Er sieht das Kommende.

Die Blicke des Verliebten bleiben dem dichten Umfeld verhaftet: Sie tasten in den Spuren der Geliebten.

Die Blicke der Mutter umfangen, halten, nähren das Kind.

Die Blicke des Vaters lenken, geleiten, stützen das Kind.

Die Blicke des Sterbenden suchen rastlos nach einem Halt, einem Hort des Verweilens, sie stürzen von Schemen zu Schemen und brechen.

Die Blicke des Maurers stehen im Dienste der Schwerkraft und schreiben in den Raum das Fallen des Senkbleis ein.

Die Blicke des Arztes sichten die Reste gesunder Substanz, schätzen die Nähe des Todes ab.

Die Blicke des Dichters prüfen die Dinge auf die Echtheit, die Deutungskraft, den Wahrheitsgehalt der Bilder, die er sich von ihnen macht.

Die Blicke des Priesters sehen hinter der zerknitterten Maske des Sterbenden das erlöste Lächeln des Hirten, der über sich den Engel gewahrte.

Sie pflegte, wenn die Schatten wuchsen, im Sinnieren über irgendein ihr angetanes Unrecht, über irgendein ihr vorenthaltenes Glück die Blicke überkreuz ins Nirgendwo zu lenken.

Er hatte die Welt umsegelt, Menschen und Länder kennengelernt, sich in etlichen Sprachen getummelt. Der junge Freund wich ihm nicht von der Seite, er blickte ergeben zu ihm empor, nur er konnte ihm die letzten Geheimnisse lüften.

In seinen Armen verschleierten sich ihre Blicke, und als reinigte ein Regen die Luft von Staub und Rauch, wurden ihre Augen feucht, und alles Ungemach fiel von ihr ab.

Jener, den Neid und Eifersucht anhielten, dich scheel von unten, von der Seite anzublicken, kann dir gewiss nicht gerade in die Augen schauen.

Sein dämonisches Betragen, sein diabolischer Blick erwiesen sich bei Tage besehen als billiger Theatereffekt.

Der früher mit lüsternen Blicken Weiberröcke lüpfte, schleicht heute gesenkten Blicks an den alten Zechkumpanen vorbei.

Seine Blicke sprühten vor Witz.

In starrer Haltung, das Haupt leicht zurückgebogen, saß er stumm auf dem Sessel, und seine Blicke schienen undurchdringlich, als gälten sie einem fernen, unbekannten Gotte, der nur ihm sich offenbarte, einzig seiner ebenbürtig.

Als Rebell der Jugendzeit flatterten seine Blicke hurtig auf wie Vögel, von jedem Hauch, von jedem Beben der Luft aufgescheucht – heute siehst du ihn, ärmlich und verwahrlost, auf abgelegenen Bänken des Parks sitzen, seine Augen sind erloschen, seine Blicke stumpf und leer.

Wie die großen Tier-Töter ihre Opfer mit starren Blicken bannen, zerfiel unter seinen bannenden Blicken ihm alles, alles Gebaute, alles Gewachsene, zu Staub.

Als würden seine Blicke lallen …

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