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Meinigkeit oder das inkarnierte Selbst

26.04.2016

Ein Beitrag zur Theorie der Subjektivität

Die Mengen und Massen, in denen die Arten individualisiert und verkörpert sind, bleiben immer erstaunlich. Die Anzahl der Tulpen im Beet magst du noch grob abschätzen, die Anzahl ihrer Blütenblätter oder ihrer Staubgefäße oder der Samen in den Gefäßen nicht mehr. In diesen ungeheuren Mengen und Massen existieren wir, sie umgeben uns in allen Formen der Materie von den Pollen in der Luft bis zu den Wassertropfen der Meere, von der Anzahl der Atome in dem Bissen Brot, das du kaust, bis zur Anzahl der menschlichen Individuen auf dem Planeten Erde.

Und dennoch bist nur du unter all den Milliarden einzig und allein du selbst. Du bist vollständig losgelöst vom materiellen Dasein all der Dinge um dich herum, denn du bist für dich da, dir selbst gegenwärtig, du gehst mit dir um, führst das innigste, vertrauteste und intimste Leben mit dir selbst – wie mit keinem sonst.

Was von dir und der Unzahl der materiellen Teile und Körper des Kosmos um dich herum gilt, diese ontologische Urdifferenz zwischen dem Dasein der Gegenstände und deinem Dasein als demjenigen, der sie wahrnimmt, sie benennt und über sie spricht, finden wir wieder im Verhältnis zwischen den materiellen Teilen und Elementen deines Körpers und dir als demjenigen, der sie wahrnimmt, sie benennt und über sie spricht. Dein Gehirn, das Organ, von dem wir wissen, daß es der kausale Prozessor all deiner Lebensregungen darstellt, besteht aus Milliarden Nervenzellen und Synapsen: Du nur bist der eine und einzige, der von sich sagen kann: „Das ist mein Kopf und unter meiner Schädeldecke befindet sich mein Gehirn. Das ist meine Hand, mit der ich taste und fühle, mit der ich die feinsten und feinfühligsten Bewegungsabläufe und Verrichtungen, wie das Benutzen des Haustürschlüssels oder das Knoten der Schnürsenkel, vollziehen kann.“

Und doch stoßen wir hier auf einen grundlegenden Unterschied, der durch den grobschlächtigen Unterschied zwischen Subjektivität und Objektivität nicht nur nicht abgedeckt, sondern sogar verschleiert wird: Du kannst wohl von deiner Wohnung und deiner Küche, deinem Smartphone und deinen Büchern reden, aber nicht so und im selben Sinne von deinem Kopf und deiner Hand. Einst lebtest du in einer anderen Wohnung, hattest andere Küchenutensilien, hast Bücher neu erworben und alte abgestoßen oder verschenkt. Nicht so mit deinem Kopf und deiner Hand. Deine Organe und dein Körper gehören in einem ursprünglichen Sinn zu deiner Subjektivität, sie definieren eine originäre Meinigkeit, die dir in Bezug auf alle anderen materiellen Gegenstände der Welt, deine Mitmenschen eingeschlossen, abgeht.

Du kannst nur mit deiner Hand etwas fühlen und ertasten, und wenn du mir die Hand gibst, spürst du meine Hand in der deinen, aber du fühlst nicht, wie sich deine Hand in meiner anfühlt. Dein Gefühl, das dir deine Hand vermittelt, ist als Selbstgefühl in sich abgeschlossen, und dennoch ist die Fühlung deiner Hand offen für die Gegenstände, die du ertastest, deren sensorische Qualitäten wie Härte und Weichheit, Trockenheit und Feuchtigkeit, Wärme und Kälte du mit Haut und Hand erfährst.

Wie Descartes anzunehmen, Gegenstände seien als res extensae ontologisch vollständig losgelöst von der res cogitans, die wir als Subjekte darstellen, ist zumindest was die res extensa unseres je eigenen Körpers angeht, falsch. Nennen wir zur besseren Verständigung die leibseelische Einheit, die wir selber sind, im Unterschied von den rein materiellen Entitäten, Meinigkeit oder das inkarnierte Selbst.

Wir sind als inkarniertes Selbst gleichzeitig und gleichursprünglich zu und für uns selbst erwacht und zu und für die Welt, in der wir leben. Die Welt, in der wir leben, wahrnehmen und handeln, ist uns so unmittelbar gegeben und erschlossen wie wir uns selbst. Es ist dasselbe zu sagen: „Ich fühle, daß meine Hand die warme Tasse umfaßt“ und zu sagen: „Ich fühle, wie warm die Tasse ist“ oder schlicht auszurufen: „Wie warm die Tasse ist!“ Wir müssen nicht fragen, wie es denn zugehe, daß einer ontologisch vollkommen vereinzelten und verinselten Subjektivität alle Weltdinge ihr Gesicht zeigen – und zwar kein verschleiertes oder entstelltes oder scheinhaftes, sondern ihr echtes und wahres Gesicht –, wo doch die Dinge als Mengen und Massen von Gegenständen oder Atomen und Molekülen keine Spur der Meinigkeit aufweisen, die uns so vertraut ist. Denn die Gegenstände als Mengen und Massen von Entitäten, Elementen und Atomen aufzufassen, ist ein abstraktes Denkschema, das wir einem grob interpretierten physikalischen Modell entleihen. Wenn du am Morgen erwachst, sammelt und verdichtet sich deine Erfahrung, dich in diesem halbdunklen Zimmer mit den leise heranströmenden Geräuschen der Straße noch müde oder zerschlagen oder auch erfrischt und tatenfroh vorzufinden, gleichzeitig und gleichursprünglich in der Meinigkeit deiner leibseelischen Selbstgegenwart und der Welt, die deine Welt ist und keine andere.

Die ontologische Sonderstellung der Subjektivität hat auch epistemische Besonderheiten zur Folge: Die mentalen Inhalte unseres Bewußtseins erfahren wir nicht mittels der identifizierenden Wahrnehmung von Gegenständen, wie wir eine Blume in der Vase visuell identifizieren, indem wir sie Rose nennen, denn es gibt keine innere Wahrnehmung: Wir gewärtigen die Zustände unseres Erlebens mehr oder weniger klar oder unklar, deutlich oder undeutlich, aber wir müssen uns nicht fragen, ob wir eine Rotempfindung haben oder uns freuen, denn wenn wir etwas Rotes sehen, haben wir eben diese Empfindung, und wenn wir uns freuen, haben wir eben dieses Erlebnis, auch wenn uns manchmal nicht klar ist, ob diese Farbe mehr rot oder rosa, dieses Erlebnis Freude oder nur das Gefühl der Erleichterung ist.

Wir sagen, daß diese Rose größer ist als jene, daß diese Blume keine Rose, sondern eine Lilie ist. Aber wir können nicht sagen, daß sich diese Person als Ereignis der Selbstgegenwart durch bestimmte gegenständliche Qualitäten von jener Person unterscheidet; wenn wir von Unterschieden der Person sprechen, meinen wir Unterschiede der Persönlichkeit, so ist der eine größer, klüger, geschickter oder freundlicher als der andere, aber diese Eigenschaften sind keine Eigenschaften der Selbstgegenwart der Person.

Wir könnten mit Peter F. Strawson annehmen, daß sich die Selbstgegenwarten von Personen auf alle Phasen der Raum-Zeit erstrecken und abbilden lassen, die sie von der Geburt bis zum Tod durchmessen; damit wäre jeder Ereignisstrang einer subjektiven Existenz von jedem anderen unterscheidbar, obwohl dieser Unterschied nicht an unterschiedlichen Eigenschaften gemessen würde – außer dem einen Unterschied, der einleuchtet, wenn man sich klar macht, daß Personen aufgrund ihrer Verkörperung stets unterschiedliche Raum-Zeit-Punkte der Welt einnehmen. Damit wäre auch ausgeschlossen, daß mein Doppelgänger dieselbe Person wie ich sein könnte, einfach weil sein Roterlebnis an einem anderen Punkt der Raum-Zeit stattfände als das meine.

Warum befriedigt diese bestechende Theorie bei näherer Betrachtung unser theoretisches Bedürfnis nicht völlig? Weil, wie wir gesehen haben, die leibseelische Gegenwart oder das inkarnierte Selbst durch eine Meinigkeit bestimmt wird, die sich auch auf sein ganzes leibliches Dasein erstreckt. Ich erlebe meine Freude nicht rein innerlich, sondern gleichzeitig und gleichursprünglich mit den Enervationen meiner Gesichtsmuskeln, die ein Lächeln auf meinem Gesicht verursachen. Wenn du mich freundlich oder herablassend anschaust, ist der freundliche oder verächtliche Ausdruck deines Gesichts und deiner Körperhaltung ein integraler Teil deines mentalen Zustands. Wenn du mich von weitem auf der Straße erkennst und meinen Namen ausrufst, um mich zum Verweilen zu veranlassen, hast du nicht zuerst innerlich meinen Namen auf mentalesisch vor dich hingesprochen, sondern deine physisch ausgeformte verbale Kundgabe ist gleichzeitig und gleichursprünglich mit deinem Sprecherlebnis.

Der Unterschied der raumzeitlichen Phasenverläufe der subjektiven Existenzen scheint demzufolge nicht hinreichend, um die ontologischen Unterschiede der subjektiven, vollständig inkarnierten Existenzen anzugeben. Auch wenn deine momentane Rotempfindung angesichts der Rose in dem Beet, vor dem wir beide stehen, meiner Rotempfindung wie ein Ei dem anderen gliche, verknüpfst du dennoch diese wie all deine anderen Wahrnehmungen mit Erinnerungen oder Erwartungen, Sehnsüchten oder Befürchtungen, deren mentales Netzwerk sich gänzlich von dem unterscheidet, in welchem meine intentionalen Bewußtseinsinhalte verknüpft sind.

Wenn wir uns begegnen und kennenlernen, erzählen wir uns Geschichten, die vielleicht in dem einen oder anderen Punkt ähnlich sein können, aber sich in dem wesentlichen Punkt unterscheiden, daß ich deine Geschichten nicht willkürlich und beliebig in meine Geschichten transplantieren, nicht deine Geschichten ohne weiteres als meine Geschichten wiedergeben kann. Dies gilt auch für den Fall, daß wir streckenweise gemeinsame Erlebnisstrecken durchmessen haben: Sie werden, wenn du von ihnen erzählst, intrinsische Teile deiner Geschichte. Schließlich sind wir die Personen, die sich selbst ihre Geschichten erzählen, gleichgültig wie groß der Anteil an Träumen, Illusionen und Fiktionen daran sein mag.

Doch Meinigkeit und leibseelische Selbstgegenwart sind als ontologische Tatsachen keine Täuschungen und Illusionen einer raffinierten biologisch-evolutiven Strategie, sondern die Bedingungen und Voraussetzungen für die Tatsache, daß wir Täuschungen erliegen und Illusionen aufsitzen können. Du erwachst in deinem Zimmer, glaubst dich aber in einem Haus und einer Gegend am Meer, in der du vor langer Zeit einmal deine Ferien verbracht hast, und wirklich hörst du die ferne Brandung rollen und den Glockenschlag der alten Turmuhr des Dorfes. Doch es waren Überhänge eines Traums, die sich mit der unterschwelligen Wahrnehmung der Geräusche des Straßenverkehrs und des Hämmerns auf einer Baustelle vermischten, was dir völlig erwacht als Täuschung aufgeht, nachdem du die Realität des Orts deiner Selbstgegenwart hast feststellen können.

Die Meinigkeit, das inkarnierte Selbst oder die leibseelische Selbstpräsenz sind die ontologischen Urtatsachen, die unser Leben hienieden ausmachen. Aber wie Fichte anzunehmen, neben der originären Urtatsache des Ich sei der ontologische Rest der Welt als Nicht-Ich zu definieren und zu begreifen, ist falsch: Denn die Welt, in der wir je unsere Gegenwart erfahren, umfaßt auch diejenigen, denen wir ihrerseits ein Dasein als Meinigkeit und inkarniertes Selbst zuschreiben: die Mitmenschen.

Wir können diesen Befund sentenzenartig so fassen: Ich nehme deinen Körper als Manifestation deiner Seele wahr und vice versa du meinen Körper. Wenn ein Lächeln dein Gesicht aufhellt, merke ich, daß du dich freust; das Lächeln ist kein isoliertes Phänomen, das ich interpretierend deinem inneren Zustand zuschreibe, als könnte ich mich hier insofern irren, daß dein inneren Zustand ein Zustand sein könnte, der von deinem Lächeln verborgen oder kaschiert werden könnte – auch wenn du in einer anderen Situation durchaus verlegen lächeln könntest. In solchen Fällen merkte ich an anderen Zeichen, deiner Haltung, deinem Erröten, deinem Stottern, daß du dich nicht freust, sondern verlegen bist.

Wir können sagen, daß die Meinigkeit oder das inkarnierte Selbst immer schon aufgeschlossen und bezogen auf die Welt ist, in der wir leben, und ebenso immer schon aufgeschlossen und bezogen ist auf diejenigen, denen wir als Mitbewohner unserer Welt Meinigkeit zusprechen. Ebensowenig wie ich im selben Sinne von meiner Hand wie von meiner Wohnung reden kann, kann ich von deiner Hand im selben Sinne reden wie von deiner Wohnung. Du kannst ja nach Belieben aus deiner Wohnung ausziehen, nicht aber aus deinem Körper. Du deinerseits kannst ab und an deine Wohnung renovieren, aber die Tatsache, daß du sterben wirst und kein anderer für dich sterben kann, kannst du durch keine medizinischen Restaurationen deines Körpers aus der Welt schaffen.

In der Begegnung mit den Mitmenschen sind wir immer schon mit der Tatsache des zeitlichen oder historischen Daseins konfrontiert, mit der Tatsache der Verletzlichkeit und Sterblichkeit. Wir begreifen in der Verletzlichkeit und Sterblichkeit des anderen unsere eigene Verletzlichkeit und Sterblichkeit. Wir würden ihr nicht gerecht, wenn wir sie als peinliche und verstörende Erinnerung an die irdisch-animalische Gebundenheit und Hinfälligkeit unserer eigenen Existenz und damit als bedrohlich und beängstigend wahrnähmen. Ja, wir können mit einiger Eindringlichkeit konstatieren, daß in unserer Fähigkeit, der zeitlichen, verletzlichen und todgeweihten Existenz des anderen in unserem Wahrnehmen und Handeln möglichst gerecht zu werden, ein Ursprung dessen liegt, was wir Verantwortung oder schlicht Moral nennen.

Die Bedeutung der zeitlichen oder historischen Existenz der Meinigkeit erschließt sich uns in der sprachlich-historischen Tatsache, daß wir als Personen existieren, die einen Namen haben. Ja, wir können so weit gehen zu sagen, daß Subjektivität sich in der Tatsache des Namens der Person manifestiert und offenbart. „Er hieß so und so, hat dann und dann und da und dort gelebt und ist an jener Stelle beerdigt worden“– mit dieser schlichten Aussage erfassen wir die Wahrheit des subjektiven Lebens.

Gewiß tritt mit der ontologisch bedeutsamen Tatsache der Benennung der Person die ganze sprachliche Wirklichkeit unserer Existenz vor Augen. Wir weisen hier aber darauf hin, daß Subjektivität nicht auf die sprachlichen Formen der Kommunikation reduziert werden kann. Auch Tiere vermögen durch Verwendung geeigneter Signalsysteme miteinander zu kommunizieren, aber sie rufen sich nicht mit Namen, verknüpfen nicht wie wir ihre Erinnerungen an dieses und jenes Mitgeschöpf mit dem Namen, den es trägt.

Im übrigen setzt die korrekte Verwendung des Personalpronomens naturgemäß die Bekanntschaft mit der Instanz, auf die ich es münze und anwende, voraus. Der Psychotiker, der sich mit einer anderen Person oder einem Phänomen seiner Umwelt identifiziert und verwechselt, kann die Personalpronomina immer noch korrekt verwenden, auch wenn ihm das eigene Ich aus der leibseelischen Einheit verschwunden sein mag. Er wähnt sich dann nicht in seinem Körper, sondern weist auf sich als denjenigen, der da und dort auf ein obskures Eiland verbannt sei oder noch unter der im tiefen Ozean schlummernden Schale des Welteneis stecke.

Hier berühren wir einmal mehr die ontologische Differenz zwischen dem tierischen und menschlichen Leben. Dein geliebter Hund Fips denkt nicht an dich, wenn du einkaufen gegangen bist, wie wir an unseren Freund denken, indem er sich etwa sagt: „Hoffentlich läßt Walter mich diesmal nicht wieder so lange allein!“ Fips mag durchaus den tierseelischen Zustand des Wartens oder einer unausgefüllten, gespannten inneren Leere erleben, aber er weiß nichts davon, daß er, Fips, auf dich, auf Walter oder Hildegard, wartet. Dein Hund scheint auf seinen Namen zu hören, wenn du ihn „Fips“ rufst. Doch dieser Namen ist kein echter Name, sondern ein lautliches Signal zur Einleitung eines Verhaltens, wie der Begrüßung, des Streichelns oder der Nahrungsausgabe. Fips ist nicht in der Lage, mit sich zu sprechen und wie Walter sich sagen mag: „Mensch Walter, da bist mal wieder über die Stränge geschlagen!“ sich zu sagen: „Hund Fips, da bist du mal wieder über die Stränge geschlagen!“ Wir sprechen demnach unseren tierischen Freunden und den Tieren überhaupt, von Pflanzen zu schweigen, nicht diejenige Form der Meinigkeit selbstpräsenter zeitlicher und historischer Existenz zu, die wir an uns selbst erleben und den Mitmenschen zusprechen.

Die Sprache ist über die Funktion der Benennung hinaus auch das Medium der Selbstverständigung der Subjekte in den Zeithorizonten von Erinnerung, Vergegenwärtigung und Erwartung. „Gestern habe ich das Geschenk gekauft, jetzt packe ich es in schönes Papier ein, morgen bringe ich es meiner Freundin“ – eine typische Sequenz von sprachlich artikulierten Gedanken, die allerdings die Tatsache der Meinigkeit voraussetzen. Denn ich bin derjenige, der den zeitlichen Horizont um den Nullpunkt meiner Selbstgegenwart ausspannt, in den ich meine Erinnerungen, Wahrnehmungen und Absichten eintrage und einordne.

Wir könnten versucht sein zu fragen, ob die Subjektivität, wenn sie uns nur als leibseelische Einheit gegeben ist, nicht eine materielle Struktur besitzen müsse. Aber das wäre genauso verfehlt wie zu fragen, ob das Schachspiel, das wir mit hölzernen Figuren spielen, aus Holz sein müsse. Gewiß, wir spielen Schach mit hölzernen Figuren, das Spiel ist aber nicht wiederum eine Figur, sondern die Struktur der Regeln, nach denen wir die Figuren bewegen. Und diese Struktur und diese Regeln sind weder aus Holz noch figürlich darstellbar. Die Neurowissenschaftler, die, von Ideen begriffsblinder Philosophen verführt, nach der materiellen Form und Struktur des Selbst suchen, sind demnach auf dem Holzweg.

Wenn wir den großen Begriff der Transzendenz im Munde führen wollen, was wir nur mit Bedacht und nicht ohne Scheu tun sollten, dann an dieser Stelle, wenn wir uns der Ontologie des Selbst zuwenden: Denn das Selbst ist kein Teil der Welt, von der die Physiker, Chemiker und Biologen handeln. Wir können es mit dem Schatten vergleichen (und der Vergleich der Seele mit einem Schatten ist alt), der nichts als die Abwesenheit des sichtbaren Lichts ist. Freilich, aus dem Schatten des Hauses oder Baumes können wir heraustreten, den eigenen werden wir nicht los. Die biblische Rede davon, daß Gott den Menschen nach seinem Bilde schuf, meint eben dies, die Transzendenz des Selbst.

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