Der gelöste Knoten
Je genauer wir die tatsächliche Sprache betrachten, desto stärker wird der Widerstreit zwischen ihr und unsrer Forderung. (Die Kristallreinheit der Logik hatte sich mir ja nicht ergeben; sondern sie war eine Forderung.) Der Widerstreit wird unerträglich; die Forderung droht nun zu etwas Leerem zu werden. – Wir sind aufs Glatteis geraten, wo die Reibung fehlt, also die Bedingungen in gewissem Sinne ideal sind, aber wir eben deshalb auch nicht gehen können. Wir wollen gehen; dann brauchen wir die Reibung. Zurück auf den rauhen Boden!
Das Vorurteil der Kristallreinheit kann nur so beseitigt werden, daß wir unsere ganze Betrachtung drehen.
Warum ist die Philosophie so kompliziert? Sie sollte doch ganz einfach sein. – Die Philosophie löst die Knoten in unserem Denken auf, die wir unsinnigerweise hineingemacht haben; dazu muss sie aber ebenso komplizierte Bewegungen machen, wie diese Knoten sind. Obwohl also das Resultat der Philosophie einfach ist, kann es nicht ihre Methode sein, dazu zu gelangen.
Die Komplexität der Philosophie ist nicht die ihrer Materie, sondern die unseres verknoteten Verstandes.
Ludwig Wittgenstein
Das Licht hat sich an Säulen aufgestaut.
Die Schatten, die sie werfen, aber wandern.
Des Lebens grüne Lieder, sie mäandern,
wenn kristalliner Sinn in Reimen taut.
Behutsam hat den Knoten aufgelöst,
worin des Lichtes Fäden sich verschlungen,
ein leiser Sang, im Abendrot gesungen,
vom dunklen Duft der Rosen eingeflößt.
Die sich an Krücken des Begriffes schleppen,
vernehmen einen Ruf: „Laßt sie nur fahren!“
Sie schreiten barfuß auf bemoosten Treppen
zur freien Aussicht von den Rebenhängen.
Sie sagen, was sie sehn, mit Worten, klaren,
und keins verirrt sich noch in Rätselgängen.
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