O Tempora
Philosophische Sentenzen und Aphorismen
Farbenblindheit mischt die Farben, Geschmacklosigkeit dekretiert, über Geschmack lasse sich nicht streiten.
Das Maß der durch zeitgeistige Themen und Quoten ideologisch diktierten Beteiligung an Lehre und Forschung steht in umgekehrtem Verhältnis zur resultierenden durchschnittlichen Intelligenzquote und der Qualität akademisch-wissenschaftlicher Hervorbringungen. – Daher der Niedergang der höheren Bildung, daher der Untergang der Universität.
Der alte weiße Mann, vom Weltgericht schuldig gesprochen, sich dem jungen schwarzen gegenüber respektlos, überheblich und ungebührlich verhalten zu haben, tritt seine Strafe an: allmähliches Dahinsiechen in Selbsterniedrigung, Selbstverdummung und Selbstverstümmelung mittels Auslöschung oder Umbenennung aller wesentlichen Namen, Begriffe und Rituale der angestammten Tradition.
Der kastrierte Geist feiert sich in gendergerechter Sprache.
Die Fliege geistiger Trägheit, die sich dem Ausweg aus dem Fliegenglas verweigert.
Mit dem rostigen Schabeisen der Phrase über die taube Haut der Sprachlosigkeit kratzen. Doch vergebens, nur unartikulierte klagend-stöhnende Töne sind das Ergebis.
In der Kloake der Diversität dringt der Logos spermatikos nicht mehr zu Ledas göttlichem Ei.
Weil es nicht sichtbar ist, darf das Antlitz des Ungeborenen ungestraft zerstückelt werden.
Dem Ungeborenen menschliche Würde zuzusprechen ist kein naturalistischer Fehlschluß, sondern Ausdruck des Glaubens an die Heiligkeit des Lebens; ihm sie abzusprechen ein Ausdruck der Umkehr aller Werte, insbesondere der biblisch inspirierten.
Wiederum und andererseits: Frömmelnde Hypokrisie weint Krokodilstränen all den Hekatomben grausam zerrissener Embryonen hinterher, die auf dem Altar des Götzen Selbstsucht, Karrierismus und Hurerei geopfert worden sind; welch ein Leben wäre ihnen aber vergönnt gewesen, hätte man die Zukunftslosen gezwungen, sie auszutragen? Ein tristes, bejammernswertes, als Fessel am Fuß der Gans betrachtetes, die nicht ins Ungebundene flattern kann.
Sittliche Werte kann man, wie ästhetische, nicht beweisen, sondern nur bezeugen, beherzigen, verfechten oder bekämpfen.
Der dekadente Stolz weißer Mittel- und Oberschichtfrauen, kinderlos zu sein oder abgetrieben zu haben.
Die Schändung des Bildes der Mutter ist Gemeingut kollektivistischer Ideologien.
Das als Hemmschuh auf dem leuchtenden Pfad der Selbstverwirklichung betrachtete Kind sticht der Puppe die Augen aus.
Die Absonderung unwerten Lebens ist ein innerer Bestandteil sozialistischer Programme (das belegen die sozialdarwinistisch geprägten linken Parteiprogramm in England und Skandinavien vom frühen 19. Jahrhundert an); insofern darf man den sozialistischen Anteil des Nationalsozialismus gerade im Hinblick auf seine genozidalen Verheerungen nicht unterschätzen.
Die im Sündenpfuhl gebadet erregen sich über die Reinheitsvorschriften der Bücher Mose.
Der nur auf die faule Frucht starrt – hat er die Apfelblüte vergessen, den frischen Geschmack des Apfelsafts, den säurereich-anregenden des Apfelweins?
Hitler, von den Alliierten besiegt, lebt weiter als Wiedergänger im uneinnehmbaren Bunker des sich eitel inszenierenden Schuldgefühls.
Initiationsritual deutscher Kindheit – Großvater zieht den Strumpf aus und zeigt auf den Durchschuß am Fußgelenk.
Phrasen sind Warzen auf der Haut der Sprache.
Auf das eiserne Zeitalter folgen noch das blecherne und das Plastik-Zeitalter.
Erlischt der Glanz der Imago Dei, steigen aus dem Abgrund die Chimären.
Der Priester und Prophet Esra weist die Bio-Juden an, sich von den Frauen der Fremden zu trennen und fernzuhalten, denn sie verdunkeln den Glauben an den Einen durch die Schatten der vielen Götzen, die sie Ungeziefer nicht unähnlich ins Land einschleppen. – Zu diesen Götzen zählte auch Moloch, dem kleine Kinder geopfert wurden (wahrscheinlich eine Umschreibung für massenhafte Abtreibungen).
Wer zählt die vielen Namen Molochs? Eigenliebe, Hedonismus, Nihilismus, Geldgier, Gier nach Erfolg, Macht, Karriere …
Nach dem Krieg der Völker und Imperien folgt der Krieg der Rassen, in dem die dunklen, heißer und bedenkenloser als die hellen, diese, geschwächt und angekränkelt von ihrem schlechten Gewissen, besiegen und versklaven werden.
Betrachtet man Sprachen als Organismen, muten manche Begriffe wie sprachliche Mißbildungen, Verwachsungen und Deformationen an. Man denke an Begriffe wie Gott, Sein, Bewußtsein oder Nichts. – Aber, könnte man sagen, auch Mißbildungen wachsen auf demselben genetischen Mutterboden wie die schönen Formen.
Wir lesen „Himmel“, denken an die Farbe Blau und versinken in eine vage Träumerei. – Wir denken an den goldenen Ton eines Gongs, schwingen mit und verhallen mit ihm im Grenzenlosen.
Erst kommt der Krieger und Priester, dann der Priesterkönig; ihm folgt der gesalbte Herrscher. Dann kommen die Senatoren und die Beamten. Schließlich treten die Rhetoren und Sophisten ans Pult, um endlich von den Demagogen, Propagandisten und Maulhelden abgelöst zu werden.
Unter den Rock der Regentin schlüpfen die Duckmäuser und Entmannten.
Soll der ultraorthodoxe chassidische Rabbiner nun ein Regenbogenfähnchen schwingen?
Das Sublime schläfert sie ein, das Vulgäre, Grelle und Obszöne hält sie gerade noch wach.
Der Gedanke, und sein Ausdruck, der Satz, ist kein Spiegel des Faktischen; denn dies zu prüfen und zu bewahrheiten, müßte man hinter den Spiegel treten und sodann wieder hinter diesen …
Aber wir sehen im ungekünstelten Lächeln des Freundes die Wahrheit der Tatsache, daß er uns gerne wiedersieht, ohne in seinem Gesicht umständlich lesen zu müssen.
Erst Raffael, Tizian, Rembrandt und Vermeer, dann van Gogh und die Impressionisten, schließlich die Kleckser, Tropfer und Exkrementenschmierer.
Die Gotik ist nicht die Widerlegung der Romanik.
Drei ethnisch-kulturelle Wurzeln, drei individuelle Ordnungen der antiken Säule: dorisch, ionisch, korinthisch. – Nur ein Décadent wünschte ihre Vermischung.
Die seriöse Unterhaltung der Nervösen: wenn sich die Erzählung in Belehrung versteigt, der Roman ins Essayistische wuchert.
Die Greisin mit der Anmutung eines violetten Stacheltiers auf dem zitternden Kopf oder die Unfähigkeit, in Würde zu altern.
Zwischen Heidekraut und Seegras wollen wir keine Orchideen erblicken; im Eichenhain keine Affenbrotbäume. So auch mit den Menschen.
Die Zweideutigkeit des biblischen Bilds von dem Land, wo Milch und Honig fließt, wohin Abraham aufzubrechen geheißen wird: Es kann zur Chiffre des eigenen Territoriums der Juden (Erez Israel) oder der kommunistischen Utopie, die im Gulag mündet, dienen. – Diese Zwiespältigkeit tritt im späten 19. Jahrhundert einerseits im leidenschaftlichen Furor jüdischer Intellektueller für die Revolution (die nach 1918 zum wachsenden Antisemitismus im Westen beiträgt) und in der zionistischen Bewegung andererseits zutage.
Das Diktat der abstrakten Kunst, den Deutschen als Bußritual auferlegt, fand wohl einige Widerstandsnester; doch die Resonanz der neuen „alten Meister“ prallte an den ideologischen Mauern der Universitäten, Kunsthochschulen und Galerien ab.
Der Chefideologe gibt vor, den Ziegenbock zu melken, der devote Adlatus hält ein Sieb unter sein imaginäres Euter.
Wie beruhigt der Gedanke daran, daß es weite von Menschen unbewohnte Flächen auf der Erde gibt, Wälder, Steppen, Wüsten, Meere.
Jugend schnappt ein paar hehre Phrasen von Gleichheit und Gerechtigkeit auf, schon wähnt sie sich moralisch überlegen, reiferes Alter vertraut dem Gewicht der guten Gründe, ohne noch zu ahnen, daß die Waage über dem Bodenlosen schwingt, doch erst die Nähe des Todes erweckt den Sinn für die inneren Grenzen, die nur scheinbare Ähnlichkeit und aus unauslotbaren Tiefen quellende Unvergleichbarkeit dessen, was Wittgenstein Sprachspiele, Lebensformen und Weltbilder genannt hat.
Hera wird Aphrodite stets mißtrauisch beäugen, der Leichtfuß das Rätsel des Sphinx nicht wie Ödipus lösen, Puck, der Kobold, immer Schabernack mit den Liebenden treiben.
Vielleicht neigt zu einer müden, allem kämpferischen Engagement entsagenden Skepsis, wer sich das Tableau der semantisch-logischen Mannigfaltigkeit inkommensurabler Sprachspiele und Weltbilder vergegenwärtigt.
Zuletzt richtet nicht eine alles überblickende objektive Vernunft, sondern entscheidet sich der mehr oder weniger verfeinerte, gröbere oder sublimere Geschmack, den sentimental verwackelten Klängen eines L. Bernstein oder den schwermutschönen Impromptus Schuberts sein Ohr zu leihen.
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