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Fade Soße und bittere Kräuter

15.02.2023

Philosophische Sentenzen und Aphorismen

Alles verstehen, doch nichts begreifen.

Bei vielen ist verstehen wollen schon Anmaßung.

Das Edle den Edlen, das Seltene den Seltenen, das Geheimnis den Einfältigen.

Die fade Soße der guten Gesinnung, die sie über das moralisch Eingemachte gießen, soll auch die verwöhnten Zungen betören – und wehe, wenn sie sich angeekelt sträuben.

Die blaue Blume wurzelt in der verschollenen Heimat, der dunklen Erde der Einbildungskraft, sie nährt sich vom Tau eines Monds, der langsam in den Wassern der Schwermut versinkt.

Der Dichter, der die blaue Blume pflückt und in sein Album preßt, verstummt.

Die Landschaften sind die Haut, die Metropolen die Geschwüre.

Das Latein der Liturgie wurde vom Kauderwelsch des Sentiments und Ressentiments verdrängt.

Gegen die labbrige Sülze des Kulturreports hilft nicht einmal mehr der Magenbitter einer horazischen Satire.

Wer allem und allen eine Stimme gibt, hat selber nichts zu sagen.

Nach dem langen Geschwätz müßte einer das erlösende Wort sprechen; doch da ist keiner.

Für die letzten Fragen und nach dem langen Zögern beim Morgengrauen gibt kein Argument und kein Konsensus den Ausschlag, sondern einer, der beherzt vorangeht; doch da ist keiner.

In den mit dem Kot des Künstlers selbsteigen gefüllten Blechdosen gipfelt die Kunst der Moderne.

Die verlogene Arbeiterjoppe eines Brecht und der abgenutzte Frack eines Proust, an dessen Revers die Chrysantheme leuchtet.

Der seiner Herkunft, seiner Tradition und ihrem Kult entfremdete jüdische Intellektuelle, Zeitungsschreiber und Fernsehmoderator, Mister Anywhere, der heute in Tel Aviv, morgen in Frankfurt und übermorgen in New York lebt, und überall denselben lauwarm-menschelnden Jargon von sich gibt, ist ein Urbild des Homo novus.

Vor kurzem bestellten sie sich noch ukrainische Huren aufs Hotelzimmer, heute kämpfen sie, heldenhaft in den Sessel furzend, für den Sieg Kiews.

Sie zeigen ihre aufgemalten Wunden her und halten die Hand auf.

Das glänzende Barbie-Puppen-Gesicht der Lüge und die schwarze alemannische Fasnachtsfratze der Wahrheit.

Erheuchelte Stigmata sollen für die Tiefe ihrer seichten Verse bürgen.

Der Massentourismen schändet die Landstriche, Strände und alten Städte des Südens, nicht minder die Kunstwerke der Museen, doch werden diese paradoxerweise durch die Blindheit der Gaffer davor gerettet, augenblicks zu verbleichen.

Die Sklaven der öffentlichen Meinung und die neuen Heloten der staatlich überwachten korrekten Gesinnung entblöden sich nicht, „Studierende“ zu sagen, wenn sie „Studenten“ meinen, ohne der grammatischen Evidenz inne zu werden, daß ein Studierender einer ist, der jetzt am Schreibtisch oder in der Institutsbibliothek sitzt, nicht aber einer, der wieder im Café hockt, obwohl sein Hauptseminar soeben begonnen hat, während ein Student, auch wenn er schläft oder mit seinen Kumpanen auf Zechtour ist, immer noch Student bleibt.

Die gesinnungsterroristische Vergötzung der Diversität ist eine Form der Verdrängung der geschlechtlichen Wahrheit, daß nur die Vereinigung männlicher und weiblicher Gameten neues menschliches Leben zu erzeugen vermag.

Die Idolatrie der ihrem Wesen nach sterilen Perversionen ist ein Zeichen für das Nachlassen des Lebenswillens eines Volkes, ein bionegatives Menetekel.

Die feigen Heloten sagen und radebrechen „Künstler:innen“, „Bürger:innen“, „Polist:innen“, aber nicht „Sadist:innen“, „Vergewaltiger:innen“, „Mörder:innen“.

Hier kann, wer genügend Dreck auf das Bild eines einst verehrten Vorfahren oder eines Heiligen schmiert, sich als Künstler einen Namen machen; hier darf, wer heute Karl oder Petra heißt, sich morgen Karla oder Peter nennen; doch wer das besudelte Bild der Sprache zu reinigen bemüht ist, wer die Namen der würdigen Ahnen, die Namen von Vater und Mutter vor der Degradierung und Schmähung durch den promiskuitiven Pöbel der Diversität zu bewahren sucht, muß zu seinem eigenen Heil im Verborgenen leben.

Die systematische Verstörung von Kinderseelen durch die sadistische Pädagogik der Gesinnungswächter wird sich, statt im Eingeständnis der Sippenhaft für die Schuld der Vorfahren am Judenmord zu münden, in einem schwärenden antijüdischen Ressentiment rächen.

Die Ferne ist die Nähe des Mysteriums.

Die Abwesenheit ist die Wahrheit und die läuternde Bedrängnis der Liebe.

Die mystischen Botschaften der russischen Liturgie ertönen im alten Kirchenslawisch, das den Zeitgenossen kaum mehr verständlich ist, die der griechischen Liturgie auf Altgriechisch, und der alte Ritus der katholischen Kirche bewahrte sie in der Sacra Lingua, der lateinischen Sprache, die sie auf den Abfallhaufen der Geschichte geworfen haben, weil sie Krethi und Plethi nicht wie die fade Soße ihres sentimentalen Gewäsches runtergeht, sondern durch ihre Ferne und Erlesenheit die erschreckend-schöne Aura des Erhabenen verbreitet.

Was Hinz und Kunz nicht auf Anhieb verstehen, gilt hierzulande als suspekt.

Ihre würdelose Haltung folgt der pädagogisch erleuchteten Devise: „Wir lassen keinen zurück“ – auch nicht den geborenen Triebtäter, Vergewaltiger und Mörder.

Der Schwachkopf wird in die erste Reihe gesetzt, der Hochbegabte lümmelt in der letzten.

Die Entwürdigung menschlicher Körper im sogenannten Tanztheater, wo sie nach den perversen Phantasien von ungebildeten Regiemaniaks sich wälzen und verrenken, zappeln und wie dämonisch-groteske Puppen an unsichtbaren Schnüren hin- und her- und auf- und niedergezogen werden, läßt in uns die reaktionäre Sehnsucht nach dem anmutigen Liebesspiel des Pas de deux auflodern.

Eine Feuilletondame wird von einem halbirren Regisseur mit Hundekot beschmiert (so geschehen am 11. Februar 2023 in der Staatsoper Hannover), nachdem sie es gewagt hatte, über seine geistigen Defäkationen ein wenig die Nase zu rümpfen; das kann man auch als etwas harsches Quidproquo für ihre ansonsten einfühlsamen Beiträge über solch kloakenselige Aufführungen deuten.

Ein Kulturvolk, das seine Klassiker auf offener Bühne der Schändung durch manisch-depressive Regisseure preisgibt, ist keines mehr.

Der freie Gedanke wird dem sklavischen Bekenntnis geopfert.

Wer dem Bekenntniszwang sich nicht beugt, verliert sein Ansehen, seine Verbindungen, seine Stellung. Daraus folgt, daß Leute mit hohem Ansehen, den besten Verbindungen und einer exponierten Position sie meist nicht ihrer Begabung, sondern ihrer Chuzpe, Tücke oder moralischen Taubheit verdanken.

Wir glauben dem Mann mit dem Evangelium, der im Ersten Weltkrieg sich die Tapferkeitsmedaille des kaiserlichen Hofs verdiente, weil er sich vor dem feindlichen Geschützfeuer nicht in sein Mauseloch verkroch, und der um sich selbst zu entrinnen, in den Gefechtsgräben den Tractatus Logico-Philosophicus verfaßte, mehr als dem edlen Pazifisten, der unterdessen seine apokalyptischen Visionen gefahrlos zur Bühnenreife brachte.

Die hohe Schwelle, die das Alltägliche vom Ungemeinen trennt, soll der bekotete Schuh nicht betreten.

Vor dem Lärm und Geschrei des Marktes schließt sich die schwere Pforte der Andacht.

Wo im Dämmer vor dem heiligen Bildnis die stille Kerze brennt, sind wir dem gemeinen Alltag entrückt und unserem besseren Ich näher.

Nach der alten Theologie des Ostens ist die irdische ein Abbild der himmlischen Liturgie. – Ein Zwielicht fällt auf jene, die sie mit dem Geschwätz des Tages und dem Nervengift elektronisch erzeugter Klänge bereichern wollen.

Hymnen, die dem Gesang der Engel vorfühlen, sollten nicht in der Vulgärsprache abgefaßt sein.

Der lateinische Choral ist eine Art Interlinearversion und Übersetzung der urchristlichen Zungenrede.

Das bittere Kraut der Einsamkeit, wenn im ernsten Blau des Spätsommermittags die Wolke ratlos verharrt. Kraut, das nicht würzt und nicht nährt.

Das bittere Kraut der Wehmut, wenn im Grau des Novembernachmittags Tropfen an den Scheiben zittern und der Ruf des Kuckucks längst schon verklungen ist. Kraut, das nicht würzt und nicht nährt.

Das bittere Kraut der Erinnerung, wenn sich im zugefrorenen Fluß der nicht sinken will, der Mond noch spiegelt und vor dem dunklen Kreuz am Wegesrand einsam eine Kerze flackert. Kraut, das nicht würzt und nicht nährt.

Das bittere Kraut der Verlorenheit, wenn unterm sanften Frühlingsstrahl es aus der schneeverhüllten Erde gluckst und der Ruf der Morgenglocken im Dunst der Auen verhallt. Kraut, das nicht würzt und nicht nährt.

Das bittere Kraut des Schweigens, wenn der Duft der Rosen aus fernen Gärten ins einsame Zimmer dringt. Kraut, das würzt und das nährt.

Das bittere Kraut der Hoffnung, wenn der Ruf des Kranichs den Abschied des großen Sommertags verkündet. Kraut, das würzt und das nährt.

Das bittere Kraut der Liebe, wenn Schnee auf Schnee fällt und die Spuren der Angst verwehen. Kraut, das würzt und das nährt.

 

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