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Lied, woher dein schmerzlicher Trost

08.05.2016

Lied, woher dein schmerzlicher Trost,
dein tröstlicher Schmerz?

Lied, nichts weiter als Luft
und goldener Rauch,
und von Luft getragen, gewiegt,
blaue Mücke,
die im Spinnenweb klebt.

Oder es schwebt,
Flusen von Pollen,
durchsichtiges Staubgefäß,
trudelt auf Farnen des Winds.

Im steigenden Zwitschern der Lerche
schnellt es ins dunkle Licht,
wird leuchtender Schatten.

Zwischen den Radiofrequenzen
von Tokio und New York
ist es der zerstückelte Ruf
eines sterbenden Kinds.

Und ist die Quelle versiegt,
bleibt der Nacht ein Beten,
ein Klagen aus geborstenem Stein
um einen schlafenden Mund.

Ein Sperling saß es zu Füßen Sapphos
in ihrem glühenden Hain –
er trippelte so klein,
als sie im Honigduft des Erinnerns entschlief,
in den purpurnen Schatten der Göttin.
Ihr weißer Marmor schmolz im Mond.

Eine stille Taube saß es
auf dem Balken des Stalls,
als der Glanz des Wunders
die rauhen Lippen der Hirten taute.

Es flog in die Wolke des Gesangs,
als der Staub der alten Erde
wirbelte unter dem Pochen ihrer Herzen.

Lied, woher dein schmerzlicher Trost,
wenn es aus Regentropfen ersteht,
die uns im Schlaf hinter dem Dunst der Zeit
dem aufgegebenen Garten der Kindheit,
wie Tränen dem dunklen Gesicht,
den Glanz der Unschuld verleihen.

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