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Bärtige Vierzeiler

06.12.2021

I

Auch glattrasiert sind Kinn und Wangen
des Mannes rauh genug vom Bart.
Die Frauen, die nach ihnen langen,
an Stoppeln wird ihr Fühlen zart.

II

Dem laue Milch ums Kinn geflossen,
der Jüngling denkt, es ist ein Scherz,
noch hat den Wein er nicht genossen,
der dämpft der Liebe heißen Schmerz.

III

Vor jenen Weisen, die wir schauten
auf Stelen im Gymnasium,
mit Bärten, die sich wogend stauten,
Pennälerflaum, wie schien er dumm.

IV

Die silbernen, sturmwindgeblähten,
die Mähnen, sprühender Gesang,
die Feuerbärte der Propheten
erhellten unsern dunklen Gang.

V

Daß er der Frauen Sanftmut fühle,
sprießt borstig einem Mann der Bart.
Daß sie mit Tau die seine kühle,
ist Mädchenwange lilienzart.

VI

Einander Fremde müssen wohnen
die Ricke und das Borstenvieh.
Der Rauhbart soll die Holde schonen,
daß sie den Borsten nicht entflieh.

VII

Zieht unwirsch über ihrer Lippe
das Alter einen Aschenstrich,
denkt er, du bist ja meiner Rippe
entwachsen und ich liebe dich.

 

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