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Handreichungen und Handzeichen

05.04.2014

Kleine deutsche Stilübungen V

Alles Menschliche, Lieben und Hassen, Schöpfen und Schröpfen, Walten und Dulden, liegt in der Hand, liegt auf der Hand.

Manchmal genügt es, die Faust nur zu zeigen.

Manchen genügt es, die Faust nur zu zeigen.

Das Kind erschrak, als der Vater seine Hand losließ.

Er fühlte sich bereits verlassen, wenn sie seine Hand fahren ließ.

Was ihm unter die Hände kam, schrumpfte auf die Größe der vertrockneten Frucht seiner Kleingläubigkeit.

Sie handhabte alles geräuschlos, behend, wirkungsvoll, den Dingen lauschend, angeschmiegt.

Wenn der Schamane den Segen spendet, scheinen seine Hände gleichsam die über ihm in der Luft schwebenden Gnaden-Blüten einzufangen und den Gläubigen über die Köpfe zu streuen.

Das Wirken seiner Hände war gesegnet.

Alles, was er anrührte, zerfiel zu Staub.

Welchen Dialog führt die rechte mit der linken Hand?

Wann kommen die rechte und die linke Hand zu inniger Verbindung, zu versöhnlicher Ruhe zusammen? Wenn sie sich zum Gebet falten, wenn sie dem Toten über der Brust zusammengelegt werden.

Nach der letzten Aussprache kargte er mit Gunstbezeigungen, nicht einmal ihr die Hand zu reichen ließ er sich herab.

Als würden die Taten noch einige Zeit als Spuren an der Hand kleben. Erde, Nahrung, Speichel, Samen, Blut.

Beim rhythmischen Klatschen bewegt der ganze Körper – schon tanzend – die Hände.

Seine Hand ruhte schwer auf ihrer Schulter wie auf einem Opfertier, das sich klaglos seinem Schicksal ergeben hat.

Die Ohrfeige, die sie ihm aus dem Hinterhalt versetzt hatte, brannte auf seiner Wange wie ein unwiderleglicher Liebesbeweis.

Du reckst dich empor, um nach dem Apfel zu langen. Du greifst nach dem Apfel und pflückst ihn vom Zweig. Behutsam legst du ihn in den Korb zu den anderen.

Wer nicht einmal im Leben die Hände in die schwarze Erde gegraben und sich beim Jäten des Unkrauts oder beim Ausbuddeln der Kartoffeln grindig und schrundig geschuftet hat, wer nie mit bloßen Händen Steine aus der Erde gewühlt, nie die Hände sich an den scharfen Nadeln der Tanne oder Fichte blutig gerieben hat – der weiß nicht um die herbe Schönheit des Lebens.

Der Priester fasst die große, gelbe, runde Hostie mit Daumen und Zeigefinger beider Hände und während sich sein hochgereckter Kopf fast ganz unter den Enden der umgeschlagenen, golddurchwirkten Stola verbirgt, führt er sie wie die aufgehende Sonne des Heils über die andächtig gesenkten Köpfe der Gläubigen langsam in die Höhe.

Der Junge hatte geschickte Hände, man konnte ihm schon die eine oder andere leichte Arbeit anvertrauen.

Manche werden berühmt, weil sie zwei linke Hände haben.

Der Schuljunge, der die Antwort auf den Lippen springen fühlt, schnippt aufgeregt mit den Fingern der rechten Hand, die er mit der linken Hand steil emporhält.

Die runzligen Hände der Alten ruhten in ihrem Schoß, zwei weiße Tiere, die dann und wann im Schlafe zuckten.

Der Kerl begutachtete im Schuppen die ausgebreitete Hehlerware, ein Handschlag und man war handelseinig.

Hand aufs Herz, das war doch gelogen!

Wenn die Hände die Herkunft nicht mehr verraten, den Bauer, den Maurer, den Proleten, den Chirurgen oder Pianisten, erstirbt alles vor Langeweile im Surren der Automaten.

Aufgrund der Tatsache, dass man den Ballen der hohlen Hand auch die Maus nennt, ist manch einer zum Dichter geworden.

Dass wir den Staat auch öffentliche Hand nennen, deutet auf den versteckten Wunsch, sie möge uns stetig das Lebensnotwendige reichen und uns mit Brot und Spielen beglücken.

Ob Willkommen oder Abschied, ob von Kuss und Umarmung begleitet, wir Freunde reichen uns die Hand.

Die aufgeklatschten Hände auf den Wänden der Steinzeithöhlen – erste Paraphen der Autorschaft.

Wenn alle nur noch Tasten drücken und mit den Fingerspitzen Zeichen eingeben, verschwindet allmählich nicht nur die graphologische und seelische Tatsache der individuellen Handschrift, sondern mit dieser auch der Individualstil der ausdrucksfreudigen, eigensinnigen Persönlichkeit.

Blicke können freilich strafen und möchten manchmal töten können, doch im Gegensatz zu den Augen wird man nur mit Händen handgemein.

Die Hände unten halten, die Hände streng bei sich halten, wenn es um exquisite Gegenstände wie den Kelch, das Bild, das Buch geht – der Ursprung des Tabus, der Ursprung der Religion.

Man schätzt Auskünfte und Wertgegenstände aus erster, nicht aus zweiter Hand – als würden sie von den allzu vielen Händen beschmutzt, getrübt, verdorben.

Der stumme Dolmetscher, die Hand, die mit ihren feinen, leichten, wogenden Figuren dem großen Bruder Mund assistiert.

Wer sich auf Händen tragen lässt, riskiert ein böses Erwachen und den einen oder anderen Bruch, wenn er unversehens fallengelassen wird.

Am Handgemachten, Handgeschriebenen, Handverlesenen schätzen wir den herben Geruch des Ursprungs und die Subtilität des Fingerspitzengefühls.

Wir wissen gut aufgehoben, was wir persönlich aushändigen, was wir zu treuen Händen übergeben.

Wenn alles vernutzt und verbraucht scheint, so dass die Arbeit und das Spiel der Hände keinen Raum mehr haben, pflegen die auch sich selbst vernutzt und verbraucht Dünkenden Hand an sich zu legen.

Wir sagen richtig über ein Machwerk, ein Flickwerk aus zusammengelesenen Fetzen, das uns misslungen scheint, es habe weder Hand noch Fuß.

Altern, schwach oder ohnmächtig werden: Er gibt die Sache aus der Hand, sie legt die Hände in den Schoß.

Freie oder gebundene Hände – Zeichen für Wert und Würde des Menschenlebens.

In die Hand nehmen oder von der Hand weisen – Zeichen für den souveränen Willen des Menschen.

In der Hand liegen oder dem Schicksal überlassen – Zeichen der menschlichen Freiheit.

Sehen, was auf der Hand liegt – Zeichen für den gesunden Menschenverstand.

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