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Walther von der Vogelweide, Wer zieret nû der êren sal?

16.09.2016

Wer zieret nû der êren sal?
der jungen ritter zuht ist smal:
sô pflegent die knehte gar unhövescher dinge,
Mit Worten, und mit werken ouch:
swer zühte hât, der ist ir gouch.
nemt war wie gar unfuoge für sich dringe.
Hie vor dô berte man die jungen,
die dâ pflâgen frecher zungen:
nû ist ez ir werdekeit.
si schallent unde scheltent reine frouwen.
wê ir hiuten und ir hâren,
die niht kunnen frô gebâren
sunder wîbe herzeleit!
dâ mac man sünde bî der schande schouwen,
die maneger ûf sich selben leit.

 

Wer ist jetzt die Zierde im hohen Saal?
Der Anstand der jungen Ritter ist schmal:
Wie unhöfisch sich die Knappen verhalten
mit Worten und mit Taten auch:
Wer züchtig ist, gilt ihnen als Gauch.
Seht, wie rohe Sitten obwalten.
Früher verprügelte man die Jungen,
die sich erkühnten frecher Zungen:
Das gereicht ihnen zum Ruhme nun.
Mit Zoten beschämen sie keusche Frauen.
Sie sollen gehäutet und geschoren werden,
die nur froh sich können gebärden,
wenn sie Frauen Leid antun.
Hier können sie Sünde und Schande beschauen,
die auf ihnen selber ruhn.

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