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Noch glühen Rosen

15.07.2022

Noch glühen Rosen in der Dämmerung,
doch hat den Duft gedämpft ein kühler Mond,
als käme Hauch von herberen Gestaden,
wo tief im Schilf des Abends, wenn es singt,
ein kleiner Junge nach den Nestern späht,
nach Teichrohrsängers milchigen Schalen, erdbraun
gesprenkelt, ob es vier sind oder fünf.
Nun fühlt sein Fuß den Sand noch sonnenwarm,
du aber hörst, hörst Wellen klatschen, siehst,
wie er die Muschel aufhebt an das Ohr,
und du erkennst, da sich im Blau der Augen
der Feenschein des Meeres schäumend bricht,
erkennst im Kind, das einsam Atem holt
und allem haucht, dich selbst in früher Zeit.
Und wieder andre Abendstunden tun
sich auf wie Fenster, Waben süßen Lichts,
wo sich der Anmut weiche Ründe wölbt,
wo Schatten blauen auf der Schultern Schnee,
und Flattern wie Erstaunens jäher Flügel
die Hand durch Ranken gelber Rosen streift.
Und reckt sie sich, des Haares wildes Wasser
zu stauen auf in strenger Flechten Bett,
erkennst du sie, die welker Sehnsucht Blatt
dir feuchten konnte mit dem Glanz der Nacht.

 

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